Die Geschichte eines Bildes bei Twitter Marwan, der Junge aus der Wüste

Düsseldorf · Das Twitter-Bild zeigt einen kleinen Jungen, der in der Wüste von UN-Mitarbeitern aufgefunden wird. Es erweckt den Anschein, als wäre der vierjährige Marwan ganz allein auf der Flucht vor dem syrischen Bürgerkrieg. Doch das Foto ist offenbar aus dem Zusammenhang gerissen und die Geschichte längst nicht so dramatisch, wie sie scheint.

 Dieses Foto sorgte für Verwirrung: Es erweckt den Anschein, als wäre der vierjährige Marwan auf seiner Flucht durch die Wüste ganz allein gewesen.

Dieses Foto sorgte für Verwirrung: Es erweckt den Anschein, als wäre der vierjährige Marwan auf seiner Flucht durch die Wüste ganz allein gewesen.

Foto: UNHCR @And_Harper via Twitter

Hala Gorani, Moderatorin bei CNN, hatte das Bild am Montag mit den Worten "UN-Mitarbeiter haben den vierjährigen Marwan gefunden, wie er allein die Wüste durchquert, nachdem er von seiner Familie bei der Flucht aus Syrien getrennt wurde" getwittert. Danach verbreitete sich das Bild rasend schnell, wurde mehr als 8000 mal geretweetet. Andrew Harper, Leiter des UN-Flüchtlingswerkes in Jordanien, beeilte sich am Montagabend, die Geschichte, ebenfalls über Twitter, zu korrigieren: Er stellte das Bild in einen Zusammenhang mit einer Reihe anderer Fotos von syrischen Flüchtlingen, die die Wüste an der Grenze zwischen Syrien und Jordanien durchqueren.

Die Bilder zeigen eine Flüchtlingsgruppe, in der sich offenbar auch Marwans Eltern befanden. Der kleine Junge irrte also keineswegs allein durch die Wüste, wie berichtet wurde. Er war lediglich etwas zurückgefallen und hatte anschließend Mühe, seine Eltern zwischen all den Menschen wiederzufinden. Die Mitarbeiter des UNHCR halfen ihm dabei.

In einem der folgenden Tweets erklärt Harper dann auch, dass es öfter vorkäme, dass Ältere, Kranke, Schwangere und Kinder in großen Flüchtlingsgruppen zurückfallen. Marwan sei nie allein gewesen - lediglich zeitweise getrennt von seiner Familie.

Marwan's story is that he was temporarily separated frm his family in d chaos of the mass @refugees x'ing to #Jordan pic.twitter.com/ghmKtoFnYY

Schon kurze Zeit, nachdem das Foto aufgenommen worden war, wurde Marwan zu seinen Eltern zurückgebracht.

Just to let you know that Marwan was safely reunited w his mother soon after being carried across the #Jordan border pic.twitter.com/h1XskyhWgz

Die Süddeutsche Zeitung zitiert einen Reporter des Guardian, nachdem die Eltern von Marwan gerade einmal 20 Schritte von ihm entfernt gewesen sein sollen.

Millionen Kinder sind auf der Flucht

Auch wenn Marwans Geschichte offenbar weit weniger dramatisch ist als zunächst vermutet, bleibt es dennoch eine Tatsache, dass aufgrund des syrischen Bürgerkriegs auch viele Kinder aus ihrem Heimatland fliehen müssen - einige von ihnen auch allein. Schätzungen des Kinderhilfswerks Unicef zufolge sind in Syrien seit Beginn des Konflikts vor fast drei Jahren mehr als eine Million Menschen auf der Flucht. Etwa die Hälfte von ihnen sind Kinder, mehrheitlich jünger als 11 Jahre.

Jeden Tag gelangen auch Kinder über die syrischen Grenzen nach Jordanien und in den Libanon, die in den Wirren des Bürgerkrieges oder auf der Flucht von ihren Eltern getrennt worden sind und sich nun allein durchschlagen. Laut UNHCR waren es Ende 2013 etwa 7300 Kinder, die dieses Schicksal teilen. Nicht selten übernehmen dabei ältere Kinder im Alter zwischen 12 und 15 Jahren die Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister - eine Aufgabe, mit der sie laut UNHCR überfordert sind.

Die Nachricht, dass am Samstag auch die zweite Runde der UN-Friedensverhandlungen in Genf ohne Ergebnis zu Ende gegangen ist, muss für die vielen syrischen Flüchtlinge bitter sein. Einen Termin für eine dritte Verhandlungsrunde gibt es bislang nicht.

(csi)
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