Gleichauf nach ersten Prognosen Krimi in Israel - Netanjahu und Gantz beanspruchen Wahlsieg für sich

Jerusalem · In Israel zeichnet sich bei der Parlamentswahl ein knappes Rennen zwischen Regierungschef Benjamin Netanjahu und seinem Herausforderer Benny Gantz ab. Beide beanspruchten schon vor der ersten Hochrechnung den Wahlsieg für sich.

 Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei seiner Stimmabgabe.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei seiner Stimmabgabe.

Foto: dpa/Ariel Schalit

36 Mandate für Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und 36-37 für seinen Gegner Benny Gantz von Blau-Weiß, so lauten die Ergebnisse der Wahltagsbefragung, die erfahrungsgemäß mit Vorsicht genießen zu sind. Beim Likud knallten ungeachtet der Vorbehalte die Sektkorken. Bei den Gegnern hatte das unerwartet hohe Ergebnis für die Partei den bitteren Beigeschmack, dass Netanjahu doch noch ein Unentschieden geschafft zu haben scheint. Über Wochen führte Blau-Weiß in den Umfragen mit vier bis fünf Mandaten. Verlässliche Ergebnisse sind nicht vor Donnerstag zu erwarten. Bis dahin sollen auch die Stimmen der Soldaten ausgezählt sein, die erfahrungsgemäß eher konservativ wählen.

Aktuell stehen die Zeichen auf eine weitere, eine fünfte Amtszeit von Regierungschef Benjamin Netanjahu, die vierte in Folge. Zusammen mit den rechten Parteien hat er die besseren Chancen, eine Koalition mit klarer Mehrheit im Parlament zusammenzustellen. Die Fraktionen sind aufgerufen, ihre Empfehlung abzugeben, wen Reuven Rivlin mit der Regierungsgründung beauftragen sollte. „Nicht die Parteichefs und nicht ich legen fest, wer das Land regiert, sondern Ihr“, appellierte Rivlin am Wahltag an die Bürger Israels, ihre Stimme abzugeben.

Israel wählte zwischen „nur Bibi“, gemeint ist Netanjahu, und „nur nicht Bibi“. Für Benny Gantz, der vor kaum drei Monaten erst seine Kandidatur mit einer neuen Partei ankündigte, ist das Ergebnis ein beeindruckender Blitzstart. Der frühere Generalstabschef überzeugte mit seiner Karriere als Militär, mit sympathischem Auftreten und vor allem mit seiner weißen Weste. Viele seiner Wähler gaben ihm die Stimme nicht aus ideologischer Übereinstimmung mit dem Programm von Blau-Weiß, das sich in wichtigen Fragen mit dem Likud deckt, sondern aus Unzufriedenheit über Netanjahu.

Netanjahus aggressives Vorgehen gegen die Araber, gegen „die Linken“, die Medien und schließlich auch gegen Polizei und Gerichte stieß viele vor den Kopf und gab Gantz die Vorlage für seine zentrale Botschaft: „Links und rechts ist Vergangenheit.“ Möglich ist, dass Netanjahu nur für kurze Zeit Regierungschef bleibt, denn es drohen ihm drei Verfahren wegen Betrug und Korruption. Der einzige Weg, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wäre eine Gesetzreform, die ihm als Regierungschef Immunität verschafft. Sollte ihm das nicht gelingen, wird auf kurz oder lang eine Koalition zwischen Likud und Blau-Weiß wahrscheinlich. Gantz ist bereit zum Zusammengehen mit den Konservativen, allerdings nur ohne Netanjahu

(knau)
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