Rassismus Australien debattiert über Gewalt gegen Ureinwohner

Canberra · 437 Aborigines sind seit 1991 in Polizeigewahrsam in Australien zu Tode gekommen. Die weltweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt haben auch auf dem fünften Kontinent eine Debatte ausgelöst. Im Mittelpunkt stehen die Ureinwohner.

 Demonstranten in Adelaide in Australien protestieren gegen Rassismus und Polizeigewalt.

Demonstranten in Adelaide in Australien protestieren gegen Rassismus und Polizeigewalt.

Foto: dpa/Oliver Haynes

Am Montag feierte Australien den Geburtstag der britischen Königin, die nach wie vor Staatsoberhaupt ist. Traditionell werden an dem Tag Auszeichnungen vergeben. So auch an Marcia Langton, Professorin an der Universität Melbourne. Langton ist Aborigine und nutzte ihre Ansprache, um ein Licht auf den Umgang der australischen Polizei mit den Ureinwohnern zu werfen. „Ich hätte gedacht, dass es ziemlich einfach ist. Töte keine Aborigines“, sagte sie.

Die Rassismus-Debatte, die die USA nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd in Atem hält, ist auch nach Australien übergeschwappt. Trotz Corona-Restriktionen demonstrierten am Wochenende Menschen in ganz Australien gegen Rassismus und Polizeigewalt. Denn auch auf dem fünften Kontinent sterben seit Jahren überproportional viele schwarze Menschen in Polizeigewahrsam.

Eigentlich hatte bereits 1991 eine Kommission die häufigen Todesfälle australischer Ureinwohner untersucht und angemahnt, dass zu viele indigene Australier in Zellen sterben. Doch trotz der Untersuchung hat sich wenig verändert. So hat eine Analyse der australischen Ausgabe des „Guardian“ ergeben, dass seit 1991 mindestens 437 Aborigines in Polizeigewahrsam ums Leben kamen. „Die Menschen sterben immer noch auf die gleiche Art und Weise, aufgrund der gleichen Polizeiarbeit, und werden von Gerichtsmedizinern untersucht, die die gleichen Empfehlungen abgeben“, hieß es.

Obwohl es in einigen Fällen Hinweise auf übermäßige Gewalt oder Vernachlässigung des Inhaftierten durch die Polizei oder die Gefängnisbeamten gibt, gab es bisher keine Verurteilung wegen eines Todesfalls in Polizeigewahrsam. Ein Polizist, der beschuldigt wurde, 2004 den Ureinwohner Mulrunji Doomadgee auf Palm Island getötet zu haben, wurde wegen Totschlags freigesprochen. Auch zwei Polizisten, die derzeit wegen Mordes angeklagt sind, plädieren auf „nicht schuldig“. Die Opfer waren der 19-jährige Kumanjayi Walker, der bei seiner Festnahme 2019 von der Polizei erschossen wurde, und Joyce Clarke, eine 29-jährige Aborigine-Frau, die ebenfalls nach einer Konfrontation mit der Polizei erschossen wurde.

Dass im Verhältnis deutlich mehr Ureinwohner in Polizeigewahrsam sterben, liegt heute wie auch 1991 daran, dass überproportional viele Gefängnisinsassen Aborigines sind. 1991 waren 14,3 Prozent der männlichen Inhaftierten in Australien Ureinwohner, im März 2020 waren es 28,6 Prozent. Die erste Aborigine-Abgeordnete im australischen Parlament, Linda Burney, forderte bereits 2017 eine Justizreform. „Dies bezieht sich nicht auf schwere Verbrechen“, betonte die sozialdemokratische Politikerin damals. „Die meisten Aborigines sitzen wegen Verkehrsdelikten im Gefängnis, weil sie ohne Führerschein gefahren sind oder Strafzettel nicht bezahlt haben.“

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