Atomdeal mit Iran Experten bezeichnen US-Ausstieg als einseitigen Bruch von bindendem Abkommen

Washington/Teheran/Istanbul · Die Experten sind sich einig. Rein rechtlich verstoßen die US-Sanktionen gegen den Iran gegen UN-Resolutionen. Ein Austritt aus dem Abkommen ist grundsätzlich nicht vorgesehen.

 Die Iran-Politik der USA ist zumindest rechtlich zweifelhaft (Symbolbild).

Die Iran-Politik der USA ist zumindest rechtlich zweifelhaft (Symbolbild).

Foto: AFP/ATTA KENARE

In der Öffentlichkeit wird oft von einem "Ausstieg" oder "Rückzug" der USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran gesprochen, doch handelt es sich laut Experten eigentlich um einen "Bruch" der Vereinbarung. Denn das Wiener Abkommen von Juli 2015 ist eine für alle Vertragspartner verbindliche Vereinbarung, die durch die UN-Sicherheitsratsresolution 2231 völkerrechtliche Verbindlichkeit erlangte. Ein Austritt aus dem Abkommen ist nicht vorgesehen.

"Die USA 'verlassen' nicht einfach nur das Abkommen und die damit einhergehende UN-Resolution 2231, sondern sie brechen sie", sagt Adnan Tabatabai vom Bonner Forschungszentrum Carpo. Nun hätten sie Sanktionen gegen den Iran verhängt, obwohl die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) Teheran die Einhaltung des Abkommens bestätigt habe. Im Prinzip würden damit alle anderen Vertragsparteien mit sanktioniert, kritisiert Tabatabai.

Auch Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin sieht einen "klaren Verstoß der USA" gegen das offiziell als JCPOA bezeichnete Abkommen. Darin hat Teheran zugesagt, seine Urananreicherung herunterzufahren und verschärfte Inspektionen seiner Atomanlagen durch die IAEA zuzulassen. Im Gegenzug sicherten die fünf UN-Vetomächte und Deutschland zu, die im Atomstreit verhängten Finanz- und Handelsbeschränkungen aufzuheben.

Über die Einhaltung der Bestimmungen wacht die IAEA, die regelmäßig Bericht erstattet. Stellt die IAEA einen Verstoß des Iran fest, dürfen die anderen Vertragspartner die Sanktionen wieder einsetzen. Wie Zamirirad erklärt, kann bei Streit um Implementierungsfragen eine gemeinsame Kommission angerufen werden. Gelingt dort keine Einigung, wird die Frage an den UN-Sicherheitsrat überwiesen, der über die Wiedereinsetzung der Sanktionen entscheidet.

"Von diesem Mechanismus wurde kein Gebrauch gemacht, da Iran bislang nachweislich seinen im JCPOA festgehaltenen Verpflichtungen nachkommt", erklärt Zamirirad. Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump im Mai, das Abkommen zu "verlassen" und neue Sanktionen zu verhängen, widerspricht daher der Vereinbarung. Entsprechend fühlen sich die anderen Vertragspartner nicht durch die US-Sanktionen gebunden - auch wenn sie wenig Möglichkeiten haben, ihre Anwendung zu verhindern.

"Ohne Rücksicht auf Verbündete und international geltende Abkommen werden hier amerikanische Interessen in der Interpretation Donald Trumps durchgesetzt", kritisiert Tabatabai. "Und es scheint, als könne Europa nichts dagegen tun.

(felt/AFP)
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