Assad lässt Stadt an türkischer Grenze stürmen

damaskus Die Hoffnung währte nicht lange. Am Morgen waren die Panzer des Regimes aus der syrischen Stadt Hama abgezogen – am Nachmittag kamen dann Berichte aus dem Nordwesten, wo Truppen und Militärfahrzeuge in die Stadt Sarakeb nahe der türkischen Grenze eingerückt sein sollen. In der Stadt Kusair nahe der libanesischen Grenze sollen elf Menschen erschossen worden sein. Syrische Menschenrechtler nennen das Verhalten der Sicherheitskräfte schizophren, zumal erstmals seit Beginn der Aufstände vor fünf Monaten internationale Medienvertreter nach Hama gebracht wurden, um den Abzug der Armee zu filmen.

Offenbar gab Machthaber Baschar al Assad nun doch dem internationalen Druck etwas nach. Berichte, wonach Assad Fehler im Vorgehen des Regimes gegenüber der Protestbewegung einräumte, werden jedoch von Menschenrechtlern als bloße Worthülsen gesehen. "Solange er schießen lässt, nehmen wir ihm nichts ab", sagt ein Aktivist.

Inzwischen haben sich Ägypten und die Arabische Liga, die ihren Sitz in Kairo hat, in die Kritik am Regime eingereiht. Lange schwieg die arabische Welt zum Blutbad in Syrien. Doch alle Ermahnungen und Vermittlungsversuche scheinen nicht mehr bewirkt zu haben als einen medienwirksamen Abzug aus Hama. Nun also Sarakeb – wie schon zuvor Dara an der Grenze zu Jordanien, Homs, die drittgrößte Stadt Syriens, Latakia am Mittelmeer und Deir al Sor im Osten. Beobachter in Damaskus sprechen von einem flächendeckenden Krieg Assads gegen sein eigenes Volk: Ziehen die Panzer aus einer Stadt ab, rücken sie in die nächste ein.

Unterdessen haben die USA Sanktionen gegen Syriens größte Geschäftsbank und die staatliche Mobiltelefongesellschaft verhängt. Die Bank und ihr angegliederte Institute werden beschuldigt, Kauf und Produktion nicht-konventioneller Waffen zu finanzieren. Außerdem sollen sie mit Nordkorea zusammenarbeiten, das Raketenteile an Syrien liefere. Der Mobilfunkanbieter Syriatel wiederum soll Menschenrechtsverletzungen begünstigen, weil ungehemmte Abhörmöglichkeiten zu Verhaftungen und Gewalt gegenüber den Nutzern führten. Der Besitzer von Syriatel, Rami Makhluf, ein Cousin Assads, ist einer der mächtigsten und korruptesten Vertreter des Regimes.

(RP)
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