München CSU-Angstgegner Christian Ude

München · Münchens populärer Oberbürgermeister darf sich 2014 aus Altersgründen nicht noch einmal bewerben. Jetzt erfreut Christian Ude (63) seine schmalbrüstige bayerische Landes-SPD erstmals mit der Andeutung, er sei zur Spitzenkandidatur für die Bayern-Wahl 2013 bereit.

Der spätere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel war in jungen Jahren Oberbürgermeister von München – im Rathaus am Marienplatz beliebt und respektiert wie niemand sonst. 1972, bei den Olympischen Spielen in der bayerischen "Weltstadt mit Herz", stand Vogel noch populärer da, als dies beim aktuellen OB von München, bei Christian Ude (SPD), der Fall ist. Zwei Jahre nach den 72er Spielen trat Vogel für die SPD bei der bayerischen Landtagswahl gegen Ministerpräsident Alfons Goppel (CSU) an. Das Resultat: Goppel erzielte traumhafte 62,1 Prozent. Vogel, der Held aus der leuchtenden Landeshauptstadt, schaffte 33,3 Prozent.

Diese Vorgeschichte muss erzählt werden, denn bei der Bayern-Wahl im Frühherbst 2013 wird wohl erneut ein Münchner Oberbürgermeister mit hohem Ansehen, der erwähnte Christian Ude, einen Ministerpräsidenten herausfordern: Horst Seehofer von der CSU.

Bevor Ude in der übernächsten Woche in seine gewohnten Ferien auf Mykonos entschwebt (er und seine Frau besitzen dort eine Bleibe), sagte er etwas, was er zum Kummer seiner 18-Prozent-Landespartei noch nie gesagt hatte: Es gebe kein kategorisches Nein zu einer Kandidatur gegen Seehofer. Die SPD war – bis auf den nur zögerlich applaudierenden Juso-Chef Philipp Dees – hingerissen von der Aussicht, ihr populärster Politiker würde die CSU und Seehofer das Fürchten lehren. Ude, dessen um einige Jahre ältere Frau bereits 2008 gegen eine erneute OB-Kandidatur ihres Mannes war, fühlt sich geschmeichelt von den Reaktionen auf seine überraschende Andeutung. Er zitierte im "Münchner Merkur" den verstorbenen Münchner Film-Charmeur Helmut Fischer: Noch fürchterlicher, als von Autogrammjägern behelligt zu werden, sei es, nicht von Autogrammjägern behelligt zu werden.

Ude gilt als sehr eitel. Jemand, der ihn gut kennt, meint, auch Ude wolle von der Droge Politik nicht wirklich loskommen. Da der Jurist und Journalist 2014 bei der OB-Wahl 66 Jahre alt wäre und das Kommunalwahlgesetz in Bayern für eine Kandidatur die Altersobergrenze bei 65 Jahren zieht, kann er sich nicht erneut zur Wahl stellen. Für Ministerpräsidenten gibt es keine Altersbegrenzung, also sagt Ude jetzt süffisant, auch viele Arbeitnehmer müssten heutzutage länger arbeiten, als ihnen lieb sei.

Die beiden jungen SPD-Chefs an der Spitze der Landtagsfraktion und der traditionell schmalbrüstigen Landespartei, Markus Rinderspacher und Florian Pronold – Letzterer wagte den Vorstoß und brachte Udes Kandidatur ins Spiel –, würden natürlich zurückstehen, wenn "einer unserer Besten" (Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly über Parteifreund Ude) sich endgültig zum Kampf gegen Seehofer und die CSU bereit erklärte.

Die CSU, die seit fünf Jahrzehnten in Bayern regiert – seit 2008 ist sie zu ihrem großen Verdruss auf die Liberalen als Partner angewiesen –, glaubt an die Wiedergewinnung der absoluten Mehrheit in zwei Jahren. Die CSU weiß aber auch, dass Ude nicht nur bekannt und beliebt, sondern zudem ein gewiefter politischer Taktiker ist. Ein CSUler warnte schon: "Ude ist für uns der denkbar schwierigste Herausforderer." Der CSUler sagte noch: Vielleicht sei es nicht schlecht, wenn Ude anträte, weil die CSU dann endlich wieder kämpferisch zusammenstehen müsse. Obwohl die Christsozialen längst nicht mehr so stark sind wie früher, meinen sie, es sei eine Frage der Zeit, wann die derzeit ermittelten 43 bis 45 Prozent Zustimmung wieder zu den altbekannten "50 plus x" ausgebaut werden.

Ude ließ durchblicken, dass er mit Grünen und Freien Wählern, aber nicht mit "der marktradikalen FDP" versuchen würde, Seehofer zu schlagen. Eine Koalition mit der Linkspartei bezeichnete der "Teflon"-OB (Rathausspruch), also der Lokalmatador, an dem nichts Negatives hängen bleibt, als "nicht praktikabel". Ude ist nicht so links wie die Bayern-SPD. Der Ironiker, der in der Schwabinger Bohème kabarettreife Auftritte hinlegt, zusammen mit dem CSU-Exoten Peter Gauweiler Kolumnen schreibt, aber auch mit einem Radi-Weiberl vom Viktualienmarkt "ratschen" kann, ist ein Stadtpräsident: großstädtisch liberal, bürgerlich-sozial, eher Künstlerkneipen- als Barrikaden-Linker. Die CSU meint, sie werde ihn schon noch entlarven: "Uns schlottern nicht die Knie, höchstens wegen des kühlen Sommers."

(RP)
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