Rätsel des Alltags Wie reisen Spinnen von einem Ort zum anderen?

Düsseldorf (rpo). Oft im Herbst läuft man mitten hinein - in quer über den Weg gespannte Spinnennetze. Wie aber überwinden Spinnen beim Bau ihrer Netze den freien Luftraum - ohne Zweige oder andere Kletterhilfen?

Zwei Voraussetzungen verlangt der Brückenbau: eine herausgehobene Position und einen leichten Wind. Was folgt, erklärt der Biologe Dieter Martin von der Deutschen Wildtier Stiftung so: "Die Spinne erklimmt einen höher gelegenen Punkt, beispielsweise die Spitze eines Grashalmes. Sie streckt ihren Hinterleib, an dessen Ende die Spinnwarzen sitzen, in den Wind und spinnt einen Faden". Der Wind ergreift den Faden und nimmt ihn mit, die Spinne ihrerseits verlängert ihn immer weiter.

Das lose Fadenende bleibt schließlich irgendwo kleben oder wickelt sich um Pflanzen. Dann zieht die Spinne den Faden mit ihren Hinterbeinen straff und befestigt ihn an ihren Sitzplatz. Die erste Brücke ist geschlagen. Nun läuft sie mehrfach am Brückenfaden entlang und fügt dabei einen weiteren Faden hinzu. So verstärkt sie die Brücke, bis die stabil genug ist, das Netz samt Bewohnerin zu tragen.

Der selben "Vom-Winde-Verweht-Technik" bedient sich die Spinne, um von einem Ort zum anderen zu fliegen. Der Faden darf dann allerdings nicht festkleben, sondern wird vom Wind immer weiter verlängert, bis er lang genug ist, um das Gewicht der Spinne zu tragen. Das Tier lässt dann seine Unterlage los und segelt davon. Im Gegensatz zu einem Lenkdrachen lässt sich der Faden allerdings nicht steuern; der Wind bestimmt, wohin die Reise geht. Hat die Spinne "keine Lust mehr", sinkt sie zu Boden. Wo sie landet, ist mehr oder weniger Glückssache. Diese Art der Ausbreitung, so Dieter Martin, dient zur Verteilung vor allem junger Spinnen auf geeignete Lebensräume.

Übrigens: "Es ist nicht so, dass Spinnen besonders im Herbst viele Netze bauen", ergänzt Michael Welling vom Senat der Bundesforschungsanstalten in Braunschweig. Die Flug-Kunststücke finden bei geeignetem Wetter ganzjährig statt. Die langen Silberfäden fallen in der trüben Jahreszeit nur besonders auf - gerade in den Morgenstunden, weil sich an ihnen der Morgentau fängt und sie durch die vielen kleinen Tröpfchen sehr viel dicker aussehen.

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