Buschfeuer Australische Küste teilweise gesperrt

Sydney · Nachdem die Feuerwehr eine Region südlich von Sydney wegen der Buschfeuer zur Sperrzone erklärt hat, bildeten sich kilometerlange Staus. Die Marine evakuiert hunderte Urlauber aus einem eingeschlossenen Ort an der Südostküste.

 Boote werden an Land gezogen, während im Hintergrund Rauchwolken über dem Ufer hinter dem Canjola See in Südaustralien aufsteigen.

Boote werden an Land gezogen, während im Hintergrund Rauchwolken über dem Ufer hinter dem Canjola See in Südaustralien aufsteigen.

Foto: dpa/Robert Oerlemans

Die Buschfeuerkrise in Australien entwickelt sich mehr und mehr zur humanitären Katastrophe. In den von den Bränden teils zerstörten Gemeinden zwischen Melbourne und Sydney gehen Nahrungsmittel, Wasser und Benzin aus. „Uns wird allen langsam bewusst, was hier passiert”, sagte Nicole Halcro, eines der Buschfeueropfer in einem Fernsehinterview. „Es gibt keine Lebensmittel, kein Wasser, wir haben nichts mehr zu essen.“

Teilweise spielten sich am Donnerstag chaotische Szenen ab. „Letzte Nacht standen wir fünf Stunden in Narooma an, um zu tanken“, schrieb Lucy Shannon auf sozialen Medien. Die Eigentümer der Tankstelle hätten einen Generator beschaffen müssen, nachdem es keinen Strom mehr gab, berichtete die Australierin. Als sie um Mitternacht schlossen, hätten viele kein Benzin mehr bekommen. Auch vor den Supermärkten bildeten sich ab sechs Uhr morgens lange Schlangen. Hier ließen Mitarbeiter teilweise nur 20 Kunden zur Zeit ein, um Chaos zu vermeiden, wie lokale Medien berichteten.

Tausende waren am Donnerstag aufgefordert, die Region südlich von Sydney zu verlassen. Die Feuerwehr erklärte die von Feuern gebeutelte Region zur Sperrzone für Urlauber. Sie will das mildere Wetter seit dem Neujahrstag nutzen, die Region weitgehend zu evakuieren, bevor sich die Wetterbedingungen am Samstag wieder drastisch verschlechtern sollen. Doch nachdem einige wichtige Verkehrsadern nach wie vor wegen der Brände gesperrt sind, bildeten sich auf den wenigen offenen Highways kilometerlange Schlangen. Einige Reisende berichteten, wie sie vier Stunden für eine Strecke benötigten, die normalerweise nur vierzig Minuten in Anspruch nimmt.

Mallacoota im Südosten Australiens, das weltweit Schlagzeilen machte, nachdem sich 4000 Menschen an Silvester in dem von Feuern umzingelten Ort an den Strand und aufs Wasser flüchten mussten, erhielt Unterstützung von der Marine. Diese brachte Vorräte und Wasser und begann mit der Evakuierung von mehreren hundert Menschen. Tony Murphy, der stellvertretende Katastrophenschutzbeauftragte in Victoria, sagte, dass diejenigen, die bei ihren Wohnwägen und Autos bleiben wollen, unter Umständen Wochen warten müssten, bis die Straßen wieder befahrbar sind.

Während die kleinen Ferienorte gegen die Feuer kämpfen, leiden auch die australischen Städte unter den Folgen der Brände. Sydney wie auch Canberra sind seit Wochen immer wieder rauchverhangen. Canberra war am Donnerstag die Stadt mit der größten Luftverschmutzung weltweit. Atemschutzmasken waren in sämtlichen Geschäften ausverkauft.

Die Feuer, die bereits in den Frühlingsmonaten der Südhalbkugel starteten, haben inzwischen landesweit rund fünf Millionen Hektar Land – eine Fläche größer als die Schweiz – zerstört. Mindestens 17 Menschen sind seit Beginn der Brände ums Leben gekommen, doch die Zahl wird nach dem katastrophalen Silvestertag höchstwahrscheinlich weiter ansteigen, etliche Menschen gelten immer noch als vermisst. 1300 Häuser sind inzwischen abgebrannt. Außerdem kamen bei den Bränden schon jetzt Millionen Tiere ums Leben. Ökologen der Universität von Sydney schätzen, dass rund 480 Millionen Säugetiere, Vögel und Reptilien in den Feuern verendet sind. Über 8000 Koalas kamen vermutlich allein im Bundesstaat New South Wales ums Leben.

Immer mehr wird die Katastrophe auch zum Spielball der Politik. Premierminister Scott Morrisons Botschaft an die Opfer war am Donnerstag: „Bleiben Sie ruhig und geduldig.“ Seine verhaltene Reaktion auf die Krise – Morrison hat bisher keine der betroffenen Regionen persönlich besucht und weicht Fragen nach dem Klimawandel aus – hat seine Kritiker auf den Plan gerufen.

Anthony Albanese, Parteichef der sozialdemokratischen Opposition, wies in einer Pressekonferenz darauf hin, dass die Tragödie genau mit der Vorhersage von Wissenschaftlern übereinstimme. Diese hätten gewarnt, dass Australien als trockener Kontinent besonders empfänglich für die Folgen des Klimawandels sei. „Uns wurde gesagt, dass die Buschfeuersaison länger und intensiver sein würde, und das ist genau, was wir jetzt sehen.“ Unmittelbar nach der Dürre hätten jetzt sogar Teile des tropischen Regenwaldes zum ersten Mal gebrannt. Das sei ganz sicher alles nicht normal.

Der Leiter des australischen Forschungszentrums für Buschfeuer und Naturgefahren, Richard Thornton, prognostiziert, dass extreme Buschfeuer wegen der gestiegenen Temperaturen deutlich häufiger auftreten werden. Allerdings finde er es äußerst schwierig, den Effekt des Klimawandels einem speziellen und noch andauernden Ereignis zuzuschreiben, sagte er vor einigen Wochen dem britischen Sender BBC.

„Die zunehmende Erderwärmung sorgt für höhere Temperaturen und Dürre“, erklärt der deutsche Klimaforscher Stefan Rahmstorf. Das löse zwar nicht direkt Brände aus, verschlimmere sie aber. Sie gerieten – wie derzeit in Australien – schneller außer Kontrolle, so der Wissenschaftler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

 Ein ausgebrannter Lieferwagen steht auf einer Straße in Ulladulla.

Ein ausgebrannter Lieferwagen steht auf einer Straße in Ulladulla.

Foto: dpa/Heather Mcnab

Der vergangene australische Sommer 2018/2019 war nach Angaben der australischen Meteorologie-Behörde der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Zudem gehörte er zu den regenärmsten auf dem Kontinent.

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