Das hätten die Psychiater nicht gedacht Wessis haben mehr psychische Probleme als Ossis

Dresden (rpo). In Westdeutschland haben die Menschen stärker mit psychischen Problemen zu kämpfen als im Osten.: 32 Prozent der Wessis leiden an einer psychischen Störung.

Das sagte Frank Jacobi, Psychologe an der Technischen Universität Dresden, den "Dresdner Neuesten Nachrichten" (Donnerstagausgabe). Im Osten seien es dagegen nur 28 Prozent. Die Forschungsergebnisse basieren auf einer Umfrage des Max-Planck-Instituts in München vor vier Jahren. Die erst jetzt vollständig ausgewerteten Ergebnisse verblüffen die Experten.

Befragt wurden damals 4.200 Bundesbürger zwischen 18 und 65 Jahren nach Symptomen, Beschwerden und Beeinträchtigungen. "Wir hatten aber erst jetzt die Möglichkeit, die Ergebnisse umfassend auszuwerten und anhand der Angaben Diagnosen zu erstellen", sagte Jacobi.

Danach leiden 11,5 Prozent der Westdeutschen unter Depressionen, bei den Bürgern der neuen Bundesländer sind es dagegen nur 8,3 Prozent. Auch bei krankhaften sozialen Ängsten, Essstörungen und körperlichen Leiden, die auf seelische Ursachen zurückzuführen sind, stießen die Experten in Ostdeutschland auf eine deutlich geringere Quote. Selbst der Anteil der Alkoholabhängigen ist in den alten Ländern mit 3,7 Prozent fast doppelt so hoch wie im Osten mit nur zwei Prozent. Die Quote derjenigen, die übermäßig viel Alkohol trinken, ohne jedoch süchtig zu werden, ist in den neuen Ländern mit 0,6 Prozent höher als im alten Bundesgebiet (0,4 Prozent).

Auch beim Umgang mit Menschen zeigen die Ostdeutschen weniger Scheu: Soziale Phobien haben in den neuen Bundesländern nur 1,2 Prozent der Menschen, in Westdeutschland liegt die Zahl dagegen bei 2,2 Prozent.

Die Untersuchung stellt alle bisherigen Annahmen der Psychologen auf den Kopf. "Bisher ging die Forschung davon aus, dass die seelische Gesundheit in den neuen Ländern durch den gesellschaftlichen Druck der DDR, die drastische Umstellung der Lebensverhältnisse während der Wende und die hohe Arbeitslosigkeit stärker angegriffen sein müsse als im Westen", betonte Jacobi. Die Studie belege das Gegenteil.

Als Gründe für die stärkere Robustheit der Ostdeutschen nannte der Experte stabilere Bindungen in der Familie oder zu Freunden und einen größeren Sinn für die Gemeinschaft. Das biete gemeinhin Schutz vor Schwierigkeiten.

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