Mann war vorher Lehrling bei der Bank Geiselnehmer von Wrestedt gesteht: Überfall wegen Schulden

Lüneburg (rpo). Der Prozess um die Geiselgangster von Wrestedt hat mit einem Geständnis begonnen. Einer der Angeklagten gab an, die Tat wegen seiner Spielschulden begangen zu haben.

Vor dem Lüneburger Landgericht gab der 24-Jährige eine detaillierte Schilderung der Tat, die mit einem Banküberfall begann und nach einer 1.600 Kilometer langen Flucht über Polen in der Ukraine endete. Insgesamt müssen sich gut vier Monate nach dem Überfall drei Männer vor Gericht verantworten. Die Anklage wirft ihnen erpresserischen Menschenraub, schwere räuberische Erpressung und die Geiselnahme zweier Frauen vor.

Der 24-jährige Artur Fischer, der früher eine Banklehre in der Wrestedter Sparkasse begonnen hatte und sie abbrechen musste, berichtete vor Gericht von seinen Spielschulden in Höhe von rund 20.000 Mark. Er habe dann seinen 25 Jahre alten Cousin Heinrich Kremer und seinen besten Freund Vitali Herdt für den Banküberfall gewinnen können. "Ich brauchte sie nicht lange zu überreden, weil ich ihnen klar machen konnte, dass ich wegen meiner Spielschulden keine andere Möglichkeit sah", sagte Fischer.

Überfall nach Kassenschluss

Das zuletzt in Lüneburg wohnende, ursprünglich aus Kasachstan und Moldawien stammende Trio mit deutschen Pässen, hatte dem Geständnis zufolge am 2. April nach Kassenschluss die Sparkasse überfallen. Den Angaben des Angeklagten nach ungeplant nahmen die Männer die beiden 25 und 39 Jahre alten Angestellten als Geiseln. "Wir hatten nicht damit gerechnet, dass drei Polizisten auftauchen würden", sagte Fischer. "Ich hatte ziemlich Schiss, dass die uns über den Haufen knallen würden."

Mit drei Gaspistolen bedrohten sie die Frauen und nahmen sie schließlich neben einer Beute von rund 245 000 Euro mit. Mit bis 200 Stundenkilometern rasten die Räuber davon. Sie durchfuhren mehrere Grenzposten und schossen auf die sie verfolgenden Polizisten. Als die drei am 3. April im ukrainischen Rowno ankamen, hatten sie nur noch die 25 Jahre alte Geisel bei sich. Ihre Kollegin war während einer Tankpause in Polen geflüchtet. Ukrainische Fahnder verhandelten in einem Cafe mit den Gangstern und konnten sie zur Aufgabe bewegen.

Gerechnet hatten die Bankräuber mit einer Beute von 70.000 bis 100.000 Mark. Den Plan hätten sie bereits im Winter 2001 gefasst, berichtete Fischer. Wenige Tage vor dem geplanten Tatdatum verfügten die Männer weder über ein Fluchtauto noch über Waffen "zum Bedrohen". Mit einem kleinen Leihwagen mit gestohlenen Kennzeichen sowie nach eigenen Aussagen Wodka und Bier im Magen - "wir hatten unheimlich Stress" - steuerten sie am 2. April Wrestedt an.

(RPO Archiv)
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