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Verfahren wegen Corona ausgekoppelt Weiterer Angeklagter im Zigarettenfabrik-Prozess verurteilt

Kleve/Kranenburg · Weil er an Corona erkrankt war, ist ein 29-jähriger Ukrainer erst am Montag für seine Mitarbeit in einer illegalen Kranenburger Zigarettenfabrik verurteilt worden. Er bekam ebenfalls zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe.

Fotos: Zoll nimmt illegale Zigarettenfabrik in Kranenburg hoch
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Zoll nimmt illegale Zigarettenfabrik in Kleve hoch

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Ein Hinweis der polnischen Polizei führte deutsche Ermittler im vergangenen Jahr auf die Spur einer illegalen Zigarettenproduktion in Kranenburg. Am 18. August 2020 griffen Staatsanwaltschaft Kleve und Zollfahndungsamt Essen in Kranenburg zu, entdeckten in der Halle unter anderem  eine Maschine zur Zigarettenherstellung und elf Millionen gefälschte Markenzigaretten, die wohl für den britischen Schwarzmarkt bestimmt waren.

Zwölf Männer aus Polen und der Ukraine wurden auf frischer Tat ertappt und festgenommen. Im Februar begann der Prozess gegen die Männer vor dem Klever Landgericht, verhandelt wurde aus Platzgründen in Düsseldorf. Elf der zwölf Angeklagten wurden dort Anfang Mai zu Freiheitsstrafen von je zweieinhalb Jahren verurteilt. Dem Urteil waren Verständigungsgespräche und Geständnisse der Angeklagten vorausgegangen.

Nur einer der Angeklagten, ein 29-jähriger Ukrainer,  war in Düsseldorf nicht verurteilt worden. Die Strafkammer hatte das Verfahren gegen den Mann abgetrennt, weil dieser an Corona erkrankt war und sich in Quarantäne begeben musste. Inzwischen ist der Ukrainer, der sich seit der Festnahme im August in Untersuchungshaft befand, genesen. So konnte die Verhandlung gegen ihn am Montag in Kleve abgeschlossen werden.

Auch der 29-Jährige wurde am Ende von der neunten großen Strafkammer zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe verurteilt – wegen Steuerhinterziehung, banden- und gewerbsmäßiger Steuerhehlerei sowie Beihilfe zum Verstoß gegen das Markengesetz.  Der Haftbefehl gegen ihn wurde außer Vollzug gesetzt. Der Ukrainer hatte das Verständigungsangebot des Gerichtes am Montag ebenso wie zuvor die anderen elf Angeklagten angenommen: eine geständige Einlassung gegen eine Freiheitsstrafe unter drei Jahren, so der „Deal“.

Wer hinter der Zigarettenfabrik in Kranenburg steckte, ist unklar. Das Gericht geht davon aus, dass die Drahtzieher des „hochprofessionellen Unternehmens“ der Organisierten Kriminalität angehören. Die zwölf Angeklagten waren wohl eher kleine Lichter bei dem illegalen Unterfangen. Der 29-Jährige habe sich nach eigener Aussage in der Ukraine auf ein Jobangebot im Internet gemeldet, und dann ein paar Wochen in Kranenburg gearbeitet. 3000 Euro sollte er für einen Monat Arbeit erhalten. Viel Geld, hatte er doch in der Ukraine zuletzt nur umgerechnet 400 Euro monatlich verdient.

Dass es sich bei seiner Arbeitsstelle in Kranenburg um eine Zigarettenfabrik illegaler Natur handelte, sei ihm erst nach einiger Zeit klar geworden, erklärte der 29-Jährige am Montag. Wegen des Geldes, das er nie erhalten habe, sei er geblieben. Die Staatsanwältin hatte für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten beantragt.  Sie sagte in ihrem Plädoyer, dass der durch die illegale Zigarettenproduktion in Kranenburg entstandene Steuerschaden mit 1,8 Millionen Euro wöchentlich zu beziffern sei.

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