So war der Dresdner „Tatort“ Wenn Männer sich ändern wollen – aber nicht können

Dresden · Der Dresdner „Tatort“ blickte auf Gewalt in Beziehungen. Die Regisseurin ließ ihrer Darstellerriege viel Raum zum Improvisieren. „Das kalte Haus“ hätte ein richtig guter Fall werden können.

 Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) machen eine entsetzliche Entdeckung bei einem  Routinecheck in einem Haus.

Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) machen eine entsetzliche Entdeckung bei einem Routinecheck in einem Haus.

Foto: MDR/MadeFor/Hardy Spitz

Worum ging es Kathrin Fischer ist verschwunden, ihr Mann Simon meldet sie vermisst. Die Dresdner „Tatort“-Kommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und ihre Kollegin Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) werden zu einer düsteren Villa beordert. Dort finden sie eine große Menge Blut, die Frau bleibt verschwunden. Der Ehemann verhält sich seltsam, eine alte Freundin berichtet von Gewaltausbrüchen. Gorniak nimmt eine Aggressivität wahr, die Winkler und Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach) nicht sehen wollen. Schließlich könnte es auch ein fremder Täter sein. Kathrin Fischer war auf Youtube aktiv und beriet Menschen bei der Suche nach dem Glück. Sie selbst war nicht sehr erfolgreich dabei, denn später stellt sich heraus, dass diese Beziehung zwar von großer Liebe, aber auch von Dominanz und Gewalt geprägt war. Am Ende kommt es so, wie alle erwarten, aber doch ganz anders: Der Fall „Das kalte Haus“ endet mit einer toten Frau. „Ich werde mich ändern – dieses Mal wirklich“, beteuerte Simon Fischer. Das hat er schon zu oft gesagt, aber es nie geschafft.

Was war gut Regisseurin Anna Zohra Berrached ließ den Schauspielerinnen und Schauspielern Platz zum Improvisieren – da wirkte manche Szene so authentisch und lebensnah, als würde man Fremde auf der Straße beobachten. Großartig die Szene am Anfang, in der die beiden Kommissarinnen sich auf den Weg zu einer Party machen, oder später, als Schnabel den verwirrten Fischer aufgreift und ihm erst mal hinterherruft „Was bist du denn für den Flitzpiepe“. Auch das Thema Gewalt gegen Frauen beziehungsweise toxische Beziehungen hätte einiges an emotionaler Fesselung geboten. Kommissarin Gorniak berichtet etwa in einer berührenden Szene davon, wie sie selbst in ihrer Familie Gewalterfahrungen gemacht hat. Doch leider gab es Wendungen im Drehbuch, die diesen Szenen den Raum nahmen, ihre Wirkung zu entfalten.

Was war misslungen An einigen Stellen blieb einfach nur die Frage: „Was soll das denn jetzt?“ Schnabel weist ständig darauf hin, wie wichtig dieser Fall sei, wie groß der Druck von oben, da kommen alle Ermittler in der Villa mit Kerzen und Musik herein, um Gorniak zum Geburtstag zu gratulieren. Der verzweifelte Ehemann wird mehrfach gefragt, ob er trockene Füße habe, später schlägt er in seinem Garten ein paar Golfbälle und bekommt von Beamten noch Tipps, wie er durchschwingen soll. Als er seine Angestellten zu Hilfe ruft und Suchtruppen bildet, jubeln die ihm zu, als sei er ein Messias. Im Ernst? Das wirkte überdreht, unharmonisch und gab der ernsten und guten Geschichte einen schrägen Dreh.

Der beste Spruch Simon Fischer verweist auf seine Kontakte zum Polizeipräsidenten. „Wir würden Ihnen auch helfen, wenn Sie nicht wichtig wären“, kontert Gorniak.

Die rührendste Szene In einem unterirdischen See in einem stillgelegten Stollen bergen die Polizisten mutmaßlich eine Leiche, die in Folien verpackt ist. „Gehst du mal ein Stück spazieren?“, weist Schnabel einen jungen Kollegen an. Zu einem älteren sagt er: „Besser so, wer weiß, was drin ist.“

Das treffendste Bild Karin Gorniak hat selbst Gewalterfahrungen in der Familie machen müssen. Ihr Vater schlug ihre Mutter, sie flohen ins Frauenhaus. Und gingen doch wieder heim. Zurück beim Vater schenkte der ihr eine Meerjungfrauen-Barbie. Ein passendes Geschenk, wie sie sagt. Wunderschön, aber dank des „beknackten Fischschwanzes“ unbeweglich und auf die Hilfe anderer angewiesen. Nicht in der Lage, aus eigener Kraft zu gehen – schon gar nicht fort von einem Mann. Wie ihre Mutter. Wie Kathrin Fischer, die in der toxischen Beziehung gefangen blieb.

Der traurigste Dialog Gespräch unter Polizistinnen. „Wie oft versucht ein Ehemann in Deutschland, seine Frau umzubringen?“ „Jeden Tag.“ „Jeden dritten Tag mit Erfolg.“

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