Political Correctness Kita-Kinder sollen zu Karneval auf Indianerkostüme verzichten

Hamburg · An einer Hamburger Kita sollen die Kinder keine Indianerkostüme anziehen - die Leitung will so verhindern, dass „Stereotype bedient werden“. Was steckt dahinter?

Karneval, das ist nichts für den Hamburger. Rosenmontage unterscheiden sich im Norden nicht von handelsüblichen Wochenanfängen, und wer Altweiber zu einer Kostümparty will, muss an Elbe und Alster lange suchen. Karnevalskultur gibt es in Hamburg allenfalls an den Kitas, wo die Kinder genauso viel Spaß am Verkleiden haben wie die Pänz im Rheinland.

Genau da setzt nun eine Meldung an, mit der die „Hamburger Morgenpost“ am Dienstag für heftige Reaktionen in den sozialen Medien sorgt. „Politisch korrekter Fasching: Hamburger Kita verbietet Indianer-Kostüme“, titelt die Zeitung.

Der Hintergrund: Vor einem Faschingsfest am (Rosen-)Montag hatte der Kindergarten in städtischer Trägerschaft die Eltern angeschrieben und eine Art Kostümkodex ausgegeben. „Wir achten im Kitaalltag sehr auf eine kultursensible, diskriminierungsfreie und vorurteilsbewusste Erziehung“, heißt es in dem Brief, dessen Wortlaut unserer Redaktion vorliegt. „Dies soll sich auch an unserem Faschingsfest nicht ändern.“ Die Eltern werden deshalb gebeten, darauf zu achten, dass durch Karnevalskostüme keine Stereotype bedient werden. „Beispielsweise möchten wir nicht, dass Kinder als ,Indianer', ,Scheich' oder ähnliches verkleidet sind.“

„Die Menschheit wird immer bekloppter“

Rosenmontag 2020 in Düsseldorf: Tolle Kostüme im Karneval
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Tolle Kostüme am Rosenmontagszug 2020 in Düsseldorf

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Foto: Helene Pawlitzki

Erwartbar heftig fallen die Reaktionen in den sozialen Medien aus. „Willkommen im Wahnsinn, liebe Kinder“, schreibt ein Facebook-User, „Die Menschheit wird immer bekloppter“, konstatiert ein anderer. „Welchem amerikanischen Ureinwohner tut es weh, wenn ein Kind in Ottensen mit Federschmuck Fasching feiert?“, fragt die „Mopo“ in einem eigenen Kommentar zum Thema.

Um Beruhigung der Debatte bemüht ist Franziska Larrà, Geschäftsführerin bei Elbkinder, dem städtischen Träger der Kita. „Von einem Verbot kann überhaupt keine Rede sein“, sagt sie unserer Redaktion. Dass die Kita-Leitung um Sensibilität bei der Kostüm-Auswahl gebeten habe, sei zu begrüßen. Sie erinnert an die Afrikaner-Kostüme, die früher üblich waren und heutzutage eher nicht mehr in Mode sind - mit Baströckchen und schwarz bemaltem Gesicht. „Jemand, der selbst zu dieser Ethnie gehört, findet sich damit negativ konnotiert oder auf den Arm genommen“, sagt Larrà. Die Kita in Ottensen habe „Indianer“ eben aufgezählt als Beispiel für ein Kostüm, das andere beleidigen könnte.

Tatsächlich hat die Debatte um diskriminierende Karnevalskostüme längst auch das Rheinland erreicht. Mit den „Frechener Negerköpp“ benannte sich 2018 ein ganzer Karnevalsverein nach entsprechender Kritik um, auch die bisher übliche Gesichtsbemalung mit dunkler Farbe lässt die Gruppe seither weg. Vor zwei Jahren warb außerdem eine Plakatkampagne auch im Rheinland dafür, auf diskriminierende Karnevalsverkleidungen zu verzichten - Motto: „Ich bin kein Kostüm!“

Bleibt die Frage, ob Fünfjährige mit Federschmuck tatsächlich Vorurteile fördern. Und wie ernst es die Hamburger Kita meint mit ihrem Indianer-Bann. Was wäre denn eigentlich passiert, wenn nun doch ein Kind als Yakari oder Winnetou zur Kostümparty erschienen wäre - trotz vorherigem Info-Brief an die Eltern? „Es wäre nichts passiert. Rein gar nichts“, sagt Larrà.

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Dass Eltern die Formulierung als Verbot verstehen, könne sie indes nachvollziehen. Und ob der Verzicht auf Indianerkostüme ein gut gewähltes Beispiel für Inklusion im Karneval sei, darüber könne man streiten. „Als Träger machen wir da keine Vorgaben“, sagt die Geschäftsführerin. „Wir erwarten aber, dass man sensibel mit dem Thema umgeht. Und dabei hätte ich es belassen.“

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