27 Schüler kollabierten bei 50 Grad Celsius Hitze-Chaos in ICE-Zügen - Polizei ermittelt

Berlin (RPO). Unerträgliche Hitze in ICE-Zügen nach Ausfall der Klimaanlagen: Die Bahn hat am Samstag drei Züge auf der Strecke von Berlin in Richtung Rheinland evakuiert. Die Temperaturen im Zug betrugen bis zu 50 Grad Celsius. Am Sonntag kündigte die Bahn an, betroffene Kunden entschädigen zu wollen. Die Polizei hat Vorermittlungen gegen Bahn-Mitarbeiter aufgenommen.

Das ist der neue ICE-3
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Ein Bahnsprecher sagte am Sonntag, in Hannover seien die Fahrgäste zweier ICE auf andere Züge verteilt worden. In Bielefeld sei ein weiterer Zug evakuiert worden, weil die Klimaanlage aufgrund der hohen Temperaturen nicht mehr funktionierte.

In dem Zug, der in Bielefeld gestoppt wurde, waren nach einem Bericht des "Westfalenblatts" 27 Schüler wegen der extremen Hitze zusammengebrochen. Sie waren auf dem Rückweg von einer Klassenfahrt aus Berlin. Reisende berichteten, im völlig überfüllten Zug hätten Temperaturen über 50 Grad geherrscht. "Das war wie in einer Sauna", sagte ein 16-jähriger Schüler der Zeitung.

In den Waggons am Ende des Zuges seien viele Menschen umgekippt und hätten sich auf den Boden legen müssen. Die Mutter eines kleinen Jungen habe in ihrer Verzweiflung versucht, während der Fahrt mit dem Nothammer eine Scheibe im Zug einzuschlagen, damit ihr kurz vorm Kollaps stehender Sohn Luft bekam.

Als der Zug am Samstagabend kurz nach 19 Uhr in Bielefeld stoppte, waren Feuerwehr und Rettungsdienst mit einem Großaufgebot vor Ort, um die Hitzeopfer zu betreuen. Die meisten Betroffenen waren Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 bis 18 Jahren aus Willich und Remscheid, wie das "Westfalenblatt" weiter berichtete. Sie wurden noch auf dem Bahnsteig mit Kochsalzinfusionen versorgt.

Neun Schülerinnen mussten dem Bericht zufolge mit Kreislaufproblemen in Bielefelder Krankenhäuser gebracht werden. Für die übrigen Schüler organisierte die Bielefelder Feuerwehr demnach klimatisierte Omnibusse, die die Jugendlichen und ihre Lehrer in der Nacht zum Sonntag nach Hause brachten.

"Es tut uns sehr leid, wenn aufgrund sehr hoher Temperaturen Klimaanlagen ausfallen", sagte der Bahnsprecher. Nähere Angaben zu dem Vorfall in Bielefeld konnte er nicht machen. Die Deutsche Bahn arbeite auch über Nacht daran, die defekten Züge wieder in Ordnung zu bringen, sagte der Sprecher.

Die Fahrgäste der beiden ICE-Züge, die am Samstag in Hannover evakuiert werden mussten, seien im Bahnhof vom Technischen Hilfswerk (THW) und bahneigenen Einsatzkräften betreut und mit Getränken versorgt worden. Sie wurden auf andere Züge verteilt und konnten ihre Fahrt fortsetzen.

Die Deutsche Bahn will die betroffenen Fahrgäste nun entschädigen. "Wir wollen diese Kunden für die erlittenen Unannehmlichkeiten entschädigen und bitten sie, sich bei uns zu melden", erklärte der Vorstand für den Bereich Personenverkehr, Ulrich Homburg, am Sonntag in Berlin. Betroffen waren insgesamt etwa tausend Menschen. "Leider haben einzelne Fahrgäste durch die bedauernswerte Verkettung unglücklicher Umstände auch gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten", erklärte Homburg. "Dafür möchten wir uns ausdrücklich entschuldigen."

Fahrgäste, die von hitzebedingten Fahrzeitverlängerungen betroffen sind, können nach Angaben der Deutschen Bahn die generellen Entschädigungsleistungen bei Verspätungen ab 60 beziehungsweise 120 Minuten in Anspruch nehmen und sich 25 beziehungsweise 50 Prozent des Fahrpreises ersetzen lassen.

Die Bundespolizei Münster hat unterdessen Vorermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen Bahnmitarbeiter eingeleitet. Ein Sprecher bestätigte auf DAPD-Anfrage insoweit einen Bericht des Bielefelder "Westfalen-Blatts" (Montagausgabe). Ob Ermittlungen aufgenommen würden, werde am Montag geprüft, sagte er. Es müsse geklärt werden, ob Verantwortliche ausreichend Maßnahmen vorgenommen hätten, um die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu vermeiden.

Die Tageszeitung berichtet, nach Angaben der Bahn habe es an dem heißen Wochenende in mindestens zehn der 252 ICE-Züge Probleme mit der Klimaanlage gegeben. Betroffen seien unter anderem die Verbindungen Duisburg-Köln, Berlin-Karlsruhe sowie Berlin-Amsterdam.

Die Bundespolizei habe am Samstag beantragt, den ICE-Zug in Bielefeld zu beschlagnahmen. Dies habe die Staatsanwaltschaft als unverhältnismäßig bezeichnet und abgelehnt.

Die Klimaanlagen der gesamten ICE-Flotte sollen bei der Frühjahrsinspektion gecheckt worden sein.

(AFP/ddp/felt)
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