Katalog mit Handlungsempfehlungen Mediziner nennen Kriterien zu Entscheidungen über Leben und Tod

Frankfurt · In Italien ist es mancherorts schon Realität geworden, auch hierzulande bereiten sich Ärzte für den Ernstfall vor. Für die Entscheidung über Leben und Tod bei nicht mehr ausreichenden Intensivkapazitäten, verabschiedeten Mediziner einen Katalog mit Handlungsempfehlungen.

  Ein Beatmungsgerät steht neben einem Intensivbett.

Ein Beatmungsgerät steht neben einem Intensivbett.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

Die deutschen Ärzte stellen sich darauf ein, Entscheidungen über Leben und Tod treffen zu müssen, wenn in der Corona-Pandemie die Intensivkapazitäten nicht mehr ausreichen. Sieben medizinische Fachgesellschaften verabschiedeten am Mittwoch einen Katalog mit Handlungsempfehlungen, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“  (Bezahlinhalt) berichtet.

In dem Papier heißt es, es sei „wahrscheinlich, dass auch in Deutschland in kurzer Zeit und trotz bereits erfolgter Kapazitätserhöhungen nicht mehr ausreichend intensivmedizinische Ressourcen für alle Patienten zur Verfügung stehen, die ihrer bedürfen“. Dadurch entstünden „Konflikte bei Entscheidungen über intensivmedizinische Behandlungen“, bei deren Lösung die neue Handreichung helfen solle.

Die Empfehlungen legen laut Zeitung fest, dass die medizinische Diagnose und der Patientenwille für die Weiterbehandlung entscheidend sind. Eine Intensivtherapie sei dann nicht angezeigt, wenn der Sterbeprozess unaufhaltsam begonnen habe, wenn die Therapie aussichtlos sei oder wenn das Überleben nur bei dauerhaftem Aufenthalt auf der Intensivstation gesichert werden könne.

„Wenn nicht mehr alle kritisch erkrankten Patienten auf die Intensivstation aufgenommen werden können, muss analog der Triage in der Katastrophenmedizin über die Verteilung der begrenzt verfügbaren Ressourcen entschieden werden“, heißt es. Es sei „unausweichlich“, eine Auswahl zu treffen, welche Personen akut- oder intensivmedizinisch behandelt werden „und welche nicht (oder nicht mehr)“.

Dies stelle auch „enorme emotionale und moralische Herausforderungen für das Behandlungsteam dar“. Klare Handlungsempfehlungen könnten aber die Teams entlasten und zugleich das Vertrauen der Bevölkerung in das Krisenmanagement der Krankenhäuser stärken.

Vergangene Woche hatte die Vorsitzende des Europäischen Ethikrats, Christiane Woopen, eindeutige Regeln für solche ethischen Konflikte gefordert. Sollte es einen Mangel an intensivmedizinischen Geräten geben, müssten die Ärzte vor Ort zuerst entscheiden, wer überhaupt gerettet werden könne, erläuterte die Medizinethikerin im „Spiegel“. Aus dieser Gruppe würden diejenigen ausgewählt, die ein Beatmungsgerät besonders dringend bräuchten. „Wenn allerdings zwei Kranke dringend beatmet werden müssen, es aber nur ein Gerät gibt, sollte es derjenige bekommen, der die bessere Aussicht hat zu überleben - eine schwere Entscheidung.“

(ala/kna)
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