Nach Zugunglück in Griechenland Bahnhofschef der Stadt Larisa droht lebenslange Haft

Athen · Am 28. Februar hatte sich das bisher schwerste Zugunglück in der Geschichte Griechenlands ereignet. Die Verantwortung für das Unglück wird dem Bahnhofsvorsteher der Stadt Larisa angelastet. Aber auch der marode Zustand der Eisenbahnen sorgt weiter für Proteste.

Zugunglück in Griechenland: Fotos - Zwei Züge zusammengestoßen
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Schweres Zugunglück in Griechenland

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Foto: AP/Vaggelis Kousioras

Die griechische Justiz hat nach dem schweren Zugunglück mit mindestens 57 Toten den Bahnhofsvorsteher der Stadt Larisa in Untersuchungshaft genommen. Wie sein Rechtsanwalt am Montagmorgen griechischen Medien sagte, habe sein Mandant zugegeben, eine Weiche falsch gestellt zu haben. Dies führte zum Zusammenstoß eines Intercity-Zuges mit einem Güterzug in der vergangenen Woche.

Die Befragung durch die Justiz war nach mehr als sieben Stunden am späten Sonntagabend zu Ende gegangen, teilte der Rechtsanwalt weiter mit. Dem Bahnangestellten drohe eine Strafe von zehn Jahren und bis lebenslänglich wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung, sagten Juristen am Montag im staatlichen Rundfunk.

Am Morgen hatte sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zudem mit Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis darüber ausgetauscht, wie die EU eine Modernisierung der griechischen Bahn unterstützten könne. Zudem kündigte von der Leyen auf Twitter an, dass Experten der Europäischen Eisenbahnagentur und der EU-Kommission diese Woche nach Athen reisen würden.

Der Anwalt des Bahnangestellten, Stephanos Pantzartzidis, sagte nach der Befragung, dass sein Mandant nicht die alleinige Schuld trage. Es müsse untersucht werden, ob nicht mehr als ein Bahnhofsvorsteher zum Zeitpunkt des Unglücks am Drehkreuz Larissa hätte arbeiten müssen. „20 Minuten lang war er für die Sicherheit in ganz Zentralgriechenland zuständig“, sagte er über seinen Mandanten.

In griechischen Medien waren in den vergangenen Tagen mehrere Berichte über Versäumnisse bei der Bahn zu lesen. Ein ehemaliger Gewerkschaftschef sagte der Zeitung „Kathimerini“, dass die Signalanlage in der Unglücksgegend schon vor sechs Jahren einmal nicht funktioniert habe und nie repariert worden sei.

Auch Zweifel an der Qualifikation des beschuldigten Bahnangestellten für seine Aufgabe kamen auf. Er hatte nach Berichten griechischer Medien früher einen Job als Kofferträger bei der Bahn, wurde dann aber 2011 ins Bildungsministerium versetzt, als Griechenlands Geldgeber Einsparungen bei der Bahn verlangten. Im Juni 2022 kam er zurück zu seinem früheren Arbeitgeber und erhielt den Job als Bahnhofsvorsteher am Drehkreuz Larissa nach fünf Monaten Ausbildung.

Streiks dauern an

Unterdessen waren die griechischen Eisenbahner den fünften Tag in Folge im Streik. Sie protestierten damit gegen den maroden Zustand der griechischen Eisenbahnen. Zum schwersten Unglück in der Geschichte der griechischen Eisenbahnen war es in der Nacht zum vergangenen Mittwoch gekommen. Ein Personenzug mit rund 350 Menschen an Bord war wegen einer falschen Weichenstellung auf ein Gleis geraten, auf dem ein Güterzug entgegenkam.

(mzu/dpa)
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