Serie: "Wir Sind Feuer Und Flamme" Wie Xanten begann, Feuer zu bekämpfen
Xanten · Ende Mai feiert die Feuerwehr Xanten ihr 275-jähriges Bestehen. In einer sechsteiligen Serie blicken wir bis dahin auf die bewegte Geschichte des Brandschutzes in der Domstadt und erörtern Gegenwart sowie Zukunft der freiwilligen Wehrleute.
Die Geschichte des Brandschutzes ist eine lange. Eine sehr lange. So besaßen bereits die alten Ägypter Instrumente, mit denen sie Wasser verspritzen konnten, um Feuer zu löschen. Und auch der römische Kaiser Augustus beauftragte sieben Kohorten - also rund 1000 Mann - den Brandschutz sicherzustellen und Aufgaben zu übernehmen, die denen einer heutigen Feuerwehr ähnelten.
1729 Jahre nach dem Tod des römischen Kaisers wurde dann auch in Xanten der Brandschutz erstmalig urkundlich erwähnt - genauer gesagt am 24. Mai 1743. Der Magistrat der Stadt Xanten hatte damals eine Brandordnung nach dem Vorbild der brandenburgischen Stadt Ziesar verabschiedet. Diese Ordnung verpflichtete bestimmte Bürger namentlich, Funktionen in einer Bürgerfeuerwehr zu übernehmen: "Sobald allarm wird, das ein feuer entstehe, haben die Bürger aufs schleunigste herzulaufen und denen leuthe, wo das feuer ist, das ihre möglichst retten und ausdragen helfen."
Eine derartige Organisation des Brandschutzes war schon damals durchaus notwendig, denn Xanten war, wie alle alten Städte, noch bis ins 19. Jahrhundert hinein höchst feuergefährdet. Die meisten Häuser und Stallungen waren in Holz- und Fachwerkbauweise errichtet, die Dächer mit Stroh oder Riet gedeckt - und die vor der Haustür liegende römische Zivilstadt Colonia Ulpia Trajana diente den Xantenern damals leider nicht als ein gutes Beispiel feuerfester Bauweise. Sondern als Steinbruch. Und so boten die engen Gassen, Stege und Straßen der Ausbreitung eines einmal ausgebrochenen Feuers kaum Widerstand.
Das Feuer erschien unseren Vorfahren als feindlichstes Element. Kriege waren die Sache höherer Mächte. Von Seuchen und Krankheiten kannte man nur die Wirkung, nicht aber die Ursache. Hochwasser und Hungersnöte kamen und gingen als Ausdruck der unbeeinflussbaren Natur. Aber das Feuer konnte der Mensch beherrschen - oder vor ihm versagen. Daher ziehen sich die Bemühungen um den Feuerschutz von frühester Zeit an als aktives Handeln durch das öffentliche Leben in Xanten.
Doch erst rund 100 Jahre nach Inkrafttreten der ersten Brandverordnung - nämlich 1838 - wurde in der Domstadt das erste sogenannte Brandcorps, mit 120 Mann in drei Kompanien, gegründet. Vermutlich darf dieses Corps als erster echter Vorläufer der heutigen Freiwilligen Feuerwehr angesehen werden. Denn historischen Schriftstücken ist zu entnehmen, dass diese Kompanien ab dem Jahr 1883 in eine "Berufsfeuerwehr" überführt wurden.
Da allerdings auch diese Organisationsform nur wenige Jahre später nicht mehr ausreichte, um die gestiegenen Anforderungen an den Brandschutz zu bewältigen, wurde am 21. August 1908 die Freiwillige Feuerwehr in ihrer heutigen Form gegründet. Gründungsversammlung war in der Wirtschaft Tebarth. 38 Männer gehörten der ersten Wehr an, Heinrich Schloer wurde zu ihrem Führer benannt.
Die beiden Weltkriege in den folgenden Jahrzehnten setzten auch den freiwilligen Wehrleuten Xantens enorm zu. Zudem wurde gerade im zweiten Weltkrieg die Ausrüstung der Wehr enorm beschädigt, teilweise zerstört. Eine Erstausstattung nach Kriegsende erfolgte daher aus Altbeständen der alliierten Besatzungsmächte. Und obwohl die nach dem Krieg Heimkehrenden mehr mit sich selbst und ihrem zerstörten Umfeld beschäftigt waren, fanden sich dennoch Bürger, die in die Wehr eintraten.
Im Jahr 1950 begann schließlich die Zeit der Modernisierung - das erste Tanklöschfahrzeug konnte angeschafft werden. Durch diese Neuerwerbung musste die Freiwillige Feuerwehr Xanten allerdings auch den Brandschutz in den Außenbezirken und sogar Nachbargemeinden sicherstellen - denn sie war nun in der Lage, Wasser über weite Strecken zu transportieren. Eine Wasserleitung gab es noch nicht.
Doch man wuchs mit den Aufgaben und Herausforderungen. Immer mehr junge Männer schlossen sich der Feuerwehr an - was auch dem Engagement des Wehrführers Hans Koppers zugeschrieben werden darf. Er sorgte ab 1957 dafür, dass die Wehr mit einem für diese Zeit modernen Gerät und neuartiger Ausrüstung ausgestattet wurde.
Das imponierte auch dem jungen Josef van Nahmen. Als 15-jähriger Bursche, der gerade seine Lehre zum Schornsteinfeger begonnen hatte, verfolgte er mit seinen Freunden die Übungen der Wehrleute an der alten Bemmelschule. "Wir fanden das hochinteressant, damals waren auch viele unserer Bezugspersonen dabei ", erzählt der heute 61-Jährige. Und so trat van Nahmen in die Wehr ein. "Das muss 1972 oder '73 gewesen sein", erinnert er sich.
Untergebracht war die Wehr damals noch im alten Gerätehaus an der Poststraße. "In sehr bescheidenen Verhältnissen", erzählt van Nahmen. In der Fahrzeughalle waren drei Autos hintereinander geparkt, daran schloss sich die Umkleide und ein Gemeinschaftsraum an. Und in diesem konnte es schon einmal enger werden. "Wenn einer an der Wand saß und raus wollte, mussten entweder alle aufstehen oder er musste unter dem Tisch durchkrabbeln." Toiletten gab es damals nicht. "Das wurde draußen erledigt", berichtet van Nahmen.
Im Jahr 1977 erfolgte dann aber der Umzug ins neue und heutige Gerätehaus "Am Niederbruch", das den Anforderungen einer neuzeitlichen Wehr entsprach. Verglichen mit heutigen Standards war dennoch alles sehr rudimentär. "Damals kannten wir so Dinge wie ein hydraulisches Rettungsgerät noch gar nicht. Da wurden verunfallte Autos an zwei Ketten gelegt und mit den Feuerwehrautos vorsichtig auseinandergezogen. Fertig."
Für van Nahmen wurde die Feuerwehr zur Berufung - wodurch andere Dinge oft auf der Strecke blieben. "Ich habe 44 Jahre lang mein Privat- und Berufsleben an der Feuerwehr ausgerichtet. Daher muss man zum Feuerwehrmann geboren sein", sagt der 61-Jährige, der auch die Anschaffung der ersten Xantener Drehleiter im Jahr 1981 miterlebte und schließlich von 1998 bis 2017 als Löschzugführer am Standort Mitte in der Verantwortung stand.
Und auch wenn er inzwischen kürzer tritt - die Feuerwehr ist für ihn wie eine Familie. "Hier erlebt man Hilfsbereitschaft und Kameradschaft wie sonst nirgends, auch bei privaten Nöten und Ängsten." Und so handeln sie seit nunmehr 275 Jahren auch in Xanten so, wie es der Leitspruch aller Freiwilliger Feuerwehren vorgibt: "Gott zur Ehr', dem Nächsten zur Wehr."