Xanten Stiftsmuseum sammelt "fromme Sachen"

Xanten · Für eine Sonderausstellung sucht das Stiftsmuseum Xanten religiöse Kultgegenstände aus privaten Beständen. Das Alter der Exponate ist nicht relevant, sondern vielmehr die Geschichte dahinter - denn sie ist Teil der Biografie dieser Region.

 Die ersten Exponate für die Ausstellung "fromme Sachen" sind eingetroffen. Die stellvertretende Museumsleiterin Elisabeth Maas und Praktikantin Dagmar Olfen sichten die Gegenstände.

Die ersten Exponate für die Ausstellung "fromme Sachen" sind eingetroffen. Die stellvertretende Museumsleiterin Elisabeth Maas und Praktikantin Dagmar Olfen sichten die Gegenstände.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Die Jesus-Figur sieht mitgenommen aus. Bereits kleinste Reibungen lösen fingernagelgroße Fetzen Farbe ab. Nur mit Samthandschuhen hält Elisabeth Maas die Figur in den Händen. Zu groß ist die Gefahr, dass die Farbe noch weiter abblättert. Derlei Exponate sind bei Elisabeth Maas derzeit heiß begehrt. Denn die stellvertretende Leiterin des Stiftsmuseums bittet mit ihren Kollegen alle Bürger von Xanten und den umliegenden Ortschaften um Hilfe für die einzigartige Ausstellung "Fromme Sachen". Gesucht werden religiöse Kultgegenstände, die einen ernsthaften Bezug zum christlichen Glauben aufweisen. Dabei spielt das Alter keine Rolle. "Viel wichtiger ist für uns die Geschichte hinter den Gegenständen", sagt Elisabeth Maas.

Manches Jesus-Kreuz oder Gebetbuch hat vielleicht mehrere Generationen überlebt, wurde von den Großeltern an die Eltern und später an die Kinder weitergegeben, vielleicht sogar in einem ganz besonderen Augenblick. "Diese Gegenstände möchten wir gerne ausstellen", sagt auch Claudia Kressin, die das Projekt mit ihrer Kommunikationsagentur unterstützt.

Seit dem 14. Januar kann jeder seine "frommen Sachen" beim Stiftsmuseum abgeben. In den Haushalten, aus denen sie stammen, hinterlassen sie oftmals weiße Flächen an den Wänden, erklärt Maas. Will meinen: Obwohl der Besitzer vielleicht gar nicht (mehr) religiös ist, ist der Gegenstand noch so bedeutend für den Einzelnen, dass er einen treuen Platz einnimmt. Aus den Tiefen eines Kellers kämen nur die wenigsten, sagt Maas.

Nach gut zwei Wochen sind bereits einige Gegenstände zusammengekommen. So liegen auf dem Tisch im Lesesaal des Museums Jesus-Kreuze, Rosenkränze und Gebetskarten - sogar eine Versehgarnitur befindet sich darunter. Für Elisabeth Maas ein besonderes Stück, wenn es um die Geschichte dahinter geht. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts gab es solche Garnituren in vielen katholischen Haushalten. Sie bestehen meist aus einem Jesus-Kreuz, zwei Kerzen sowie zwei kleinen Behältern für Öl und Salz. Wenn der Priester damals die Kranken vor ihrem Tod, ihrem "Versehgang", aufsuchte, nutzte er die Garnitur, um die Kranken zu segnen. Mit dem Salz reinigte der Priester seine Hände, das Öl diente der Salbung des Kranken.

Doch es müssen nicht mal derlei offensichtlich religiöse Gegenstände sein. "Auch ein Teddybär oder ein Stein können mit der dazugehörigen Geschichte für den jeweiligen Menschen eine 'fromme Sache' sein", sagt Maas. Zu jedem Exponat soll es zur Ausstellung einen Steckbrief geben. Wem seine Geschichte zu persönlich ist oder wer aus anderen Gründen seinen Namen nicht im Museum stehen haben möchte, der kann seine frommen Sachen auch anonym abgeben.

Das Stiftsmuseum erhofft sich von der Ausstellung einen bisher ungekannten Einblick in die Glaubenswelt der Menschen. "Die Religion ist Teil der kulturellen Biografie dieser Region", sagt Claudia Kressin. Im Zuge der Ausstellung wird das Museum mit einem Volkskundler zusammenarbeiten, denn oftmals fällt es schwer, das genaue Entstehungsdatum eines Gegenstandes zu bestimmen. Insbesondere in den Kriegsjahren zwischen 1933 und 1945 lassen sich etliche Kunstgegenstände nicht genau datieren.

Wann die Sonderausstellung starten soll, hängt von der Anzahl der bis zum Abgabestopp am 28. Februar eingereichten Exponate ab. "Bis Ostern wollen wir uns einen genauen Überblick verschafft haben", erklärt Elisabeth Maas. Die Sonderausstellung ist Teil der Aktion "Himmelwärts", mit welcher der Kulturraum Niederrhein in den kommenden beiden Jahren religiöses Leben an Rhein und Maas zeigen will.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort