Wermelskirchen "Der Förster mutiert langsam zum Manager"

Wermelskirchen · 44 Jahre war Wolfgang Müller als Förster tätig. Die meiste Zeit dieser beruflichen Laufbahn war er für die hiesigen Privatwälder zuständig.

 34 Jahre betreute Wolfgang Müller die Wermelskirchener Privatwälder der Forstbetriebsgemeinschaft.

34 Jahre betreute Wolfgang Müller die Wermelskirchener Privatwälder der Forstbetriebsgemeinschaft.

Foto: Lena Hogekamp

Wie kaum ein anderer hat Wolfgang Müller dem hiesigen Wald ein Gesicht gegeben: Knapp 34 Jahre war der 66-Jährige für den Privatwald der Forstbetriebsgemeinschaft Wermelskirchen zuständig, bevor er vor drei Jahren die Verantwortung für den Staatswald im Forstbetriebsbezirk Großgrimberg des Regionalforstamtes Rhein-Erft-Sieg übernahm. Dieses knapp 2000 Hektar große Revier übergab Wolfgang Müller zu Jahresbeginn an seine 27-jährige Nachfolgerin Leonore Gärtner (wir berichteten) und trat seinen verdienten Ruhestand an. "Ich befinde mich noch in der Abnabelungsphase", sagt Müller mit einem Augenzwinkern: "Ich wusste ja, dass der Tag X kommt. Aber von Hundert auf Null zu schalten, dauert länger als gedacht."

Heute könne er morgens um Fünf entscheiden, noch eine oder zwei Stunden länger zu schlafen. Und in sein heimisches Büro ginge er nunmehr freiwillig, ohne etwas unter Zeitdruck erledigen zu müssen. "Bislang ist bei mir keine Langeweile eingekehrt", beschreibt Wolfgang Müller seinen Ruhestandsalltag. "In den vergangenen Jahren habe ich mein Grundstück etwas stiefmütterlich behandelt, jetzt kann ich mich nach Herzenslust darum kümmern", sagt Müller, der mit seiner Frau im Forsthaus in Höhrath lebt, dort aus Zeiten vor der kommunalen Gebietsreform nach wie vor die Wermelskirchener Telefonvorwahl hat.

Überhaupt zieht es Wolfgang Müller auch im Ruhestand in die Natur. Ehrenamtlich nimmt er gerade die Jagdprüfung mit ab. Mit seinen drei Terrier-Hündinnen "Ursa", "Emma" und "Trixi" unterstützt er die Waidmänner und -frauen in der Region regelmäßig, wenn es darum geht, geschossenes Wild zu finden (Fachsprache: Nachsuche). Obendrein steht Reisen beim Ehepaar Müller hoch im Kurs: "Meine Frau hat sich gerade einen Wohnwagen gekauft, damit wir noch mehr unterwegs sein können." Geplante Ziele sind demnächst das Seebad Ueckermünde mit einem Abstecher nach Polen und im Herbst ein Naturschutzgebiet in Mecklenburg-Vorpommern. Für 2019 steht unter anderem eine Tour nach Ungarn auf dem Reiseplan.

Wolfgang Müller ist Vater zweier inzwischen erwachsener Kinder und Großvater von zwei Enkeln. Er erinnert sich an Zeiten, als sein Beruf weniger von Technik und Computern geprägt war: "Bei meinem Studium in Göttingen hatte ich mit einem drei mal zwei Meter großen Computer zu tun." Heute seien Handys und PC auch bei Förstern allgegenwärtig. "Damit ein Förster eine Dienstwohnung bekam, reichte früher ein Gebiet von 350 Hektar. Heute sind es 2000 und mehr", beschreibt Müller die Entwicklung: "Einst kannte ein Förster in seinem Revier jeden Baum. Die jetzt aktiven Kollegen kommen einmal im Monat in jeden Bereich ihres Bezirks." Das könne nur mit einer guten Struktur an Mitarbeitern wie Forstbetriebsmeistern bewerkstelligt werden: "Vergrößern sich die Reviere noch weiter, mutiert der Förster langsam zum Manager."

Gespannt blickt Wolfgang Müller auf die politischen Entwicklungen in Sachen Staatswald: "Flächen werden für die forstliche Nutzung stillgelegt. Diese ist aber nötig, um schwarze Zahlen zu schreiben." Heute würden Großmaschinen die Holzernte einfahren. "Die Flexibilität der Förster ist durch Vorgaben beschnitten, beispielsweise durch EU-Richtlinien bei Ausschreibungen."

Sorge um seinen Berufsstand macht sich Wolfgang Müller trotz Diskussionen um Fachkräftemangel nicht: "Förster ist für viele ein Traumberuf, der Nachwuchs ist da und wird kommen." Und weiter: "Auch ich würde den Job wieder machen." Die Aufgabe eines Försters könne auch heute nicht ohne Leidenschaft bewältigt werden: "Man muss die Lebenszusammenhänge im Wald verstehen wollen, die Bereitschaft zum kontinuierlichen Lernen sowie Geduld und Ausdauer mitbringen."

Wolfgang Müller ist dem Wald, Wermelskirchen und der Region verbunden: Seine Familie besitzt einige Waldflächen - ist also genauso privat an forstwirtschaftlichen Entwicklungen interessiert: "Der Wald wächst auch ohne uns, aber nicht als Wirtschaftswald."

(sng)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort