Mehrheit im Parlament: Bundestag beschließt umstrittene Reform des Klimaschutzgesetzes
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Solingen Sie geben nicht auf

Solingen · Zum 132. Mal versammelten sich jetzt die Montagsdemonstranten. Sechs Menschen kamen, in ungeraden Wochen sind es mehr. Sie wollen nicht schweigen, sondern ihre Stimme erheben – auch, wenn sie nur wenige sind.

Sie haben das alte Banner dabei. „Schluss mit Hartz IV“, fordern rote Lettern auf gelbem Grund. Auch das Akkordeon mit seiner traurigen Begleitmusik ist ein gewohntes Bild auf der Montagsdemo, die sich jetzt Montagsaktion nennt, ebenso Mikrofon und Lautsprecher, der auf einem Wägelchen befestigt ist. „Wir sind eine der ausdauerndsten Bewegungen, die es in Deutschland je gegeben hat“, ruft Ratsfrau Gabi Gärtner am Alter Markt hinein. Aber nur wenige Passanten hören bei nasskaltem Wetter diese Worte.

Sechs für 7793

Zum 132. Mal trifft sich die Bewegung, sechs Menschen sind gekommen, sechs, die sich nach wie vor als Sprachrohr der im Februar 7793 Solinger Arbeitslosen sehen, ganz zu schweigen von den Millionen in Deutschland. Früher waren die Zeiten besser, jedenfalls für die Montagsdemonstranten, damals kamen schon mal über 100 Leute. Früher waren die Zeiten auch besser für viele Beschäftigte von Hammerstein, Globus, Karstadt, die ihrer Kündigung ins Auge sehen müssen.

„Der Anlass ist keinesfalls geringer geworden“, verkündet Gärtner also über das Mikrofon. „In Solingen gibt es eine kleine Welle der Arbeitsplatzvernichtung“, ergänzt sie im Gespräch mit der Morgenpost. In ungeraden Wochen kämen mehr Demonstranten, an diesem Montag aber müssten einige arbeiten. So oder so, aufgeben wollen Gärtner und ihre Mitstreiter nicht: „Es ist ein Zeichen, dass wir hier stehen – und wenn wir nur zehn Leute sind.“

Von Beginn an, seit Herbst 2004, ist Horst Müller dabei. „Die Bewegung zeigt, dass es einige Leute gibt, die gewillt sind, etwas zu verändern“, findet er. Kürzlich feierte er seinen 71. Geburtstag, ein Alter, in dem man sich eigentlich keine Gedanken mehr um einen Arbeitsplatz machen müsste: „Aber ich habe in jungen Jahren gelernt, dass man sich solidarisch zeigen muss.“ Schade sei deshalb, dass „die Menschen, für die wir hier stehen“ nicht teilnähmen. An der Kritik ändert das nichts. „Es ist offenbar wichtiger, Tornados nach Afghanistan zu schießen, als sich für die Menschen im eigenen Land einzusetzen“, sagt Müller in Richtung der Politiker.

Mitzugehen, seine Meinung zu äußern, das sei eine gesellschaftliche Frage, meint Herbert Irmer. Das betreffe sogar jene, die noch Arbeit haben: „An den Gesetzen ändert sich nichts. Es wird nur herumgedoktert.“ Natürlich fühle man sich manchmal wie der Rufer im Walde – einfach still zu sein, helfe indes niemandem.

Zumindest eines habe die bundesweite Montagsbewegung erreicht, nämlich eine neue Diskussionskultur zu schaffen, sagt Christoph Gärtner, der Mann mit dem Akkordeon. „Es ist ein neuer Stil, dass nicht nur Politprofis sprechen“, erklärt er im Hinblick auf das „offene Mikrofon“, zu dem in Solingen jeweils am Ende des Marsches vorm Woolworth eingeladen wird. „Wir stehen nicht auf verlorenem Posten. Man muss üben, Politik zu machen und Solidarität zu zeigen.“

(RP)
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