Solinger Schulen beim Deutschen Schulpreis Unterricht nimmt Individuum in Fokus

Solingen · Offene Unterrichts-Modelle, individuell geförderte Schüler sowie ein ganzheitlicher Blick auf das Thema Schule – der Deutsche Schulpreis ehrte moderne Schulkonzepte. Auch drei Solinger Schulen waren nominiert. Was macht sie aus?

  Ende September fuhr die Gesamtschule Höhscheid zum  Deutschen Schulpreis nach Berlin.   

Ende September fuhr die Gesamtschule Höhscheid zum Deutschen Schulpreis nach Berlin.  

Foto: Max Lautenschläger, Robert-Bosch-Stiftung/Max Lautenschläger

Für den ganz großen Titel hatte es nicht gereicht – trotzdem ist die Gesamtschule Höhscheid stolz, beim diesjährigen Deutschen Schulpreis als eine von 15 besten Schulen im Finale gestanden zu haben. Unter den besten 20 waren sogar noch zwei weitere Schulen aus Solingen, die Geschwister-Scholl-Gesamtschule und die Grundschule Bogenstraße. Doch was zeichnet die drei Solinger Schulen aus? Auffällig ist, dass die Mehrheit der nominierten Schulen auf individuelle Förderungsangebote setzt und die Schülerinnen und Schüler mit ihren Stärken und Schwächen wahrnimmt. Digitalisierung und selbstständiges Arbeiten stehen eher im Fokus als Frontalunterricht.

So ist es auch in Höhscheid. An der Gesamtschule steht das selbstständige Lernen an oberster Stelle. „Für uns ist das eine zentrale Kompetenz“, sagt Schulleiter Dirk Braun. „Das ist das, was Schülerinnen und Schüler später brauchen, um mit Globalisierung und Digitalisierung umzugehen.“ Dabei erledigen die Kinder und Jugendliche viele Aufgaben im Unterricht eigenständig, werden dabei von den Lehrkräften eher unterstützt als aktiv angeleitet, wie es im Frontalunterricht der Fall sei.

Die Fächer Mathe, Englisch und Deutsch werden in Höhscheid im sogenannten Lernbüro-Konzept unterrichtet, bei dem Aufgaben entsprechend der jeweiligen Fähigkeiten und Vorlieben der Schüler gewählt werden. Die Inhalte werden beispielsweise durch Erklärvideos, Schulbücher oder Erklärungen durch Lehrkräfte oder Mitschüler vermittelt. Auch den Zeitpunkt der Überprüfung in Form einer Klassenarbeit können die Schüler in gewissem Maße selbst wählen, erklärt Braun. „Das ist eine andere Art des Lernens – meiner Meinung nach der beste Weg, mit Vielfalt umzugehen.“ Auch verschiedene Lerntypen würden hier Berücksichtigung finden.

 Schulleiter Dirk Braun stellt das Schulkonzept vor, das die Gesamtschule Höhscheid aus Solingen ins Finale des Deutschen Schulpreis 2022 gebracht hat.

Schulleiter Dirk Braun stellt das Schulkonzept vor, das die Gesamtschule Höhscheid aus Solingen ins Finale des Deutschen Schulpreis 2022 gebracht hat.

Foto: Carolin Streckmann

In anderen Fächern setze die Schule unter anderem auf Teamfähigkeit und Problemlösekompetenz, beispielsweise durch Gruppenarbeit. Zudem werden den Schülerinnen und Schülern bei der Wahl der Fächer im künstlerischen und Sport-Bereich Freiheiten gewährt, sodass den Vorlieben entsprechend Schwerpunkte gesetzt werden können. „Das Konzept ist stärker an den Interessen der Schüler orientiert“, sagt Braun. So erreiche man mehr Lernerfolge als allein über Noten und Bestrafungen. Ergänzt werde das Schulkonzept von einem umfangreichen Beratungskonzept für die Schülerinnen und Schüler.

Weniger auf selbstständiges Arbeiten, aber dafür stark auf die „individuelle Förderung und Forderung“ der Schülerschaft setzt die Geschwister-Scholl-Schule. „Wir verstehen uns als Schule für alle Kinder“, sagt Schulleiterin Elke Mosebach-Garbade. Dafür werde bereits im fünften und sechsten Jahrgang eine entsprechende Leistungsdifferenzierung vorgenommen, um die besonders begabten Schülerinnen und Schüler weiter zu fördern und die schwächeren zu unterstützen.

Außerdem setze die „Scholle“-Gesamtschule ebenfalls auf jeweilige Neigungen und arbeite dazu zum Beispiel mit der Städtischen Musikschule, dem Kunstmuseum oder zertifizierten Fußball-Trainern zusammen und biete Theaterkurse und MINT-Projekte an. Zudem werden die Fächer Biologie und Sport auch bilingual, also in englischer Sprache angeboten. „Das ist für eine Gesamtschule besonders“, sagt Mosebach-Garbade. Zusätzlich gebe es viel Raum für Berufsorientierung.

 Auch die Grundschule Bogenstraße wurde für ihren Förderansatz nominiert. Die Ohligser Schule schaffte es mit der Geschwister-Scholl-Schule unter die besten 20.

Auch die Grundschule Bogenstraße wurde für ihren Förderansatz nominiert. Die Ohligser Schule schaffte es mit der Geschwister-Scholl-Schule unter die besten 20.

Foto: Carolin Streckmann

Individuelle Förderung durch eigenständiges Arbeiten, digitales Lernen und enger Kontakt zu den Eltern sind die Schwerpunkte, auf die Nicole Wrana in der Leitung der Grundschule Bogenstraße setzt. „Im ersten bis dritten Jahr gestalten wir den Unterricht anhand des Konzepts individuelles Lernen mit System“, sagt Wrana. In den Hauptfächern Mathe und Deutsch werde dafür das eigenständige Lernen der Schülerinnen und Schüler gefördert, unterstützt von den jeweiligen Lehrkräften. „Die Schüler bearbeiten die Themen und Aufgaben in ihrem Tempo und ihrer individuellen Fähigkeit.“ Regelmäßig gebe es zu den gelernten Inhalten gemeinsame Reflexionsphasen, bei denen „miteinander und voneinander“ gelernt werde, so Wrana. Ergänzt werde dieses offene Unterrichtsmodell von verschiedenen Unterrichtsformen in den anderen Fächern, beispielsweise viel Projektarbeit im Sachunterricht.

Im Rahmen der Digitalisierung habe jedes Kind ein Tablet. Es gebe zudem Projekte zu den Themen Kinderrechte, demokratische Haltung, Nachhaltigkeit sowie ein großes Sportangebot, sagt Wrana. Die Grundschule Bogenstraße setze auf enge Zusammenarbeit mit den eigenen Sonderpädagogen und Schulsozialarbeitern sowie mit den Kitas in Ohligs, der Geschwister-Scholl-Schule und dem Gymnasium Schwertstraße. „Auch Fortbildungen für das Kollegium sind bei uns ein wichtiges Thema“. Der Schule gehe es darum, sich stets weiterzuentwickeln und so die Arbeit zum Wohle der Kinder zu verbessern.

Als Herausforderung sehen alle drei Schulen die engen Absprachen, die für ihre individuellen Konzepte nötig seien. Auch die Personalsituation sei nicht immer leicht. „Der Zusammenhalt im Kollegium ist eine wesentliche Bedingung für das Gelingen“, sagt Elke Mosebach-Garbade. Ein weiteres Problem: „Schüler haben nicht immer Bock auf Lernen“, räumt Dirk Braun ein. Die persönlichen Rahmenbedingungen der Kinder und Jugendliche könnten zu einer weiteren Herausforderung werden. Und schließlich seien solche förderorientierten Ansätze auch nicht billig, sagt Nicole Wrana. „Die ganzen Sachen, zum Beispiel bestimmte Unterrichtsmaterialien für unsere Art des Unterrichts, kosten Geld.“ Am Ende lohne es sich jedoch, findet Wrana. „Ich glaube, es ist für eine Schule heute wichtig, sich breit aufzustellen, weil unsere Gesellschaft breit ist“, sagt sie.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort