Solingen Freund zum Gaffen abgeholt

Solingen · Nachdem er die Scheune in Nesselrath angezündet hatte, rief einer der beiden angeklagten Brandstifter einen Freund an und brachte ihn zum Brandort. Erst dann verständigte er die Feuerwehr.

Großbrand in Solinger Industriegebiet
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Für den 20-Jährigen war der Anruf seines Freundes nicht ungewöhnlich. Schon öfter habe ihn André W. angerufen und davon berichtet, dass es brenne. Ungewöhnlich sei lediglich gewesen, dass er mitgekommen sei zum Brandort in Nesselrath. Das jedenfalls berichtete der Elektroniker gestern als Zeuge vor Gericht. Auch er ist Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr. Gestern sagte er zusammen mit anderen ehemaligen Feuerwehrkameraden der beiden der 17-fachen Brandstiftung angeklagten Solinger vor dem Landgericht Wuppertal aus. Das Gericht und auch der nachträglich bestellte Gutachter wollten sich ein noch besseres Bild der beiden Angeklagten machen. Dass W. die Scheune in Nesselrath selbst angesteckt hatte, davon will der Zeuge nichts gewusst haben.

Wie das Aufnahmeverfahren bei der freiwilligen Feuerwehr in der Regel abläuft, schilderte gestern der Chef der Löscheinheit, der auch die beiden Angeklagten angehört hatten. Man sehe sich an, ob das Auftreten stimme und achte darauf, nicht "irgendwelche wilden Gesellen" aufzunehmen. Die beiden Angeklagten schilderte der 47-Jährige als umgänglich und hilfsbereit, zuverlässig und nicht übermotiviert. Eine besondere Affinität zu Feuer habe er nicht bemerkt. Dass die Mitglieder der Löscheinheiten darüber klagen, wenn nichts los ist, das sei nicht ungewöhnlich. "Das trifft auf jeden, der in der Freiwilligen Feuerwehr ist, ich will nicht sagen, dass sie sich Feuer wünschen aber sie wollen löschen", erklärt der Galvaniseurmeister.

Die jungen Leute wollen was erleben. Da ist auch der gestern als Zeuge gehörte 36-jährige Ausbilder bei der Feuerwehr sicher. Er schilderte die beiden Angeklagten, die bei ihm einen Grundlehrgang absolviert hatten, ebenfalls als "motiviert aber nicht übereifrig". Daher wollten auch viele in eine Einheit der Freiwilligen Feuerwehr, wo was passiert, bestätigte auch ein weiterer Ausbilder.

Seht her, ich werde gebraucht

Nach Ansicht des 23-Jährigen, über den die beiden Angeklagten zur Feuerwehr kamen, gibt es nur wenige, die wirklich "feuerwehrgeil" sind und die "am liebsten den ganzen Tag in Uniform herumlaufen". André W. habe einen Piepser gehabt, über den er über alle Einsätze der Feuerwehr informiert wurde. Das sei eigentlich nicht erlaubt gewesen, berichtete der Zeuge. "Ich habe mir dann vorgestellt, der steht in der Stadt, lässt das Ding klingeln und denkt sich: seht her, ich werde gebraucht." Ein anderer Feuerwehrkamerad berichtete, dass W. auch manchmal zum Zivildienst in Feuerwehrkleidung erschienen sei.

Der Prozess wird am 24. April, um 9 Uhr in Wuppertal fortgesetzt mit dem Gutachten, den Plädoyers und dem Urteil.

(RP)
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