Solingen Altersarmut in der Stadt nimmt rasant zu

Solingen · Die Zahl der Menschen, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung beziehen, wächst. 2012 waren 1711 Solinger betroffen. Grüne fordern genauen Bericht, die Stadt lehnt das ab.

Trotz jahrzehntelanger Arbeit – auch in Solingen leben immer mehr Menschen, bei denen die Rente im Alter nicht ausreicht. Das geht aus neuen Daten des Statistischen Landesamtes hervor, die jetzt veröffentlicht wurden. Danach stieg die Zahl der Bürger, die staatliche Hilfe benötigen, allein im vergangenen Jahr um 7,7 Prozent. 2012 waren insgesamt 1711 Solinger auf die sogenannte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung angewiesen.

Über 1000 dieser Menschen hatten dabei das 65. Lebensjahr bereits beendet. Für Frank Knoche, sozialpolitischer Sprecher der Grünen, kommt dies einem "Skandal" gleich. Überrascht ist er von der Entwicklung aber nicht. "Die Renten sind in den zurückliegenden Jahren kaum noch gestiegen", sagte Knoche. Darüber hinaus wirkten sich die Minijobs aus. Und auch der Wegfall der Rentenbeiträge für Hartz-IV-Empfänger zeige Folgen, so der sozialpolitische Sprecher der Grünen.

Knoche fordert darum von der Stadt einen dezidierten Armutsbericht. Eine genaue Erhebung zu materieller Not im Alter stehe nämlich ebenso noch aus wie Untersuchungen zur Armut bei bestimmten Bevölkerungsgruppen, etwa Frauen, Menschen mit ausländischen Wurzeln und Behinderte. Dabei sind die nun veröffentlichen Zahlen für Frank Knoche nur die Spitze eines weit größeren Eisbergs. "Die Dunkelziffer dürfte sehr hoch sein", sagte Knoche.

Er berät Arbeitslose und hat die Erfahrung gemacht, dass sich viele Bürger wegen ihrer Armut schämen. "Zu den Beratungen kommen Leute, denen man nicht ansieht, dass sie arm sind", so Knoche. Doch hinter einer bürgerlichen Fassade verberge sich oftmals existenzielle Not. Frank Knoche: "Es gibt Menschen, die Anzug tragen, doch zu Hause kaum etwas zum Essen im Kühlschrank haben."

Vielfach seien die Betroffenen zu stolz, ihre Lage zu offenbaren. Für die Grünen ist das nicht zuletzt Folge einer ihrer Ansicht nach falschen Sozialpolitik auch der Stadt. So habe sich die Einrichtung einer neuen Rentenberatungsstelle über Monate verzögert, bemängelte Frank Knoche. Diese sei am Klinikum geplant, werde aber entgegen ursprünglichen Planungen nun wohl erst im September eröffnet.

Für die Grundsicherung im Alter sowie bei Erwerbsminderung ist das Sozialamt zuständig. Für die Betroffenen gelten die gleichen Regelungen wie für Menschen, die Arbeitslosengeld II erhalten. So wird von der Behörde die Grundsicherung in Höhe von maximal 382 Euro gewährt. Hinzu kommt die Miete für eine "angemessene" Wohnung. Und weiter wird die Krankenversicherung bezahlt.

Die Stadt ihrerseits lehnt die Forderung der Grünen nach einem umfassenderen Armutsbericht, etwa speziell zur Lage älterer Menschen, ab. Dies sei nicht vorgesehen, sagte eine Rathaussprecherin. Zur Begründung gab sie an, es fehlten die personellen Ressourcen. Darüber hinaus liefere ein solcher Bericht aber auch nur statistische Zahlen. Wichtig seien jedoch Erfahrungswerte. Solange es keinen neuen Auftrag aus der Politik gebe, werde dementsprechend kein neuer Bericht erstellt, so die Stadtsprecherin.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort