Rheinberg Bewährung für Binnenschiffer

Rheinberg · Ein  Binnenschiffer aus Rheinberg (61) musste sich jetzt wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe vor dem Landgericht in Kleve verantworten. Die Wirtschaftsstrafkammer verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe.

 Der Binnenschiffer aus Rheinberg kam vor Gericht mit einer Bewährungsstrafe davon. Er muss aber seine Steuerschuld begleichen - so gut es geht.

Der Binnenschiffer aus Rheinberg kam vor Gericht mit einer Bewährungsstrafe davon. Er muss aber seine Steuerschuld begleichen - so gut es geht.

Foto: dpa/Uli Deck

Für einen Schaden in siebenstelliger Höhe musste sich Mittwoch ein Binnenschiffer aus Rheinberg vor dem Landgericht in Kleve verantworten. Der Vorwurf: Er habe zwischen 2005 bis 2013 Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro vorenthalten und Steuern in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro hinterzogen. Ein Großteil der Tatvorwürfe konnte allerdings widerlegt werden. Übrig blieb letztlich „nur“ ein Lohnsteuerschaden in Höhe von 329.000 Euro, der dem deutschen Fiskus entstanden ist. Die Kammer unter Vorsitz von Richter Henckel verurteilte den Rheinberger zu einem Jahr und drei Monaten von denen ein Monat wegen der Verfahrens-Verzögerung als verbüßt gilt. Die Strafe wurde auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

„Es war nie meine Absicht, Steuern zu hinterziehen. Ich habe mich auf meinen Anwalt und meine Steuerberater verlassen“, beteuerte der Angeklagte. Die hätten ihm geraten, sein Schubschiff, das er 1993 von einer deutschen Reederei gekauft hatte, in Luxemburg anzumelden ebenso wie 24 Männer der Besatzung. „Warum in Luxemburg?“, will der Richter wissen. „Weil da die Sozialabgaben geringer sind als in Deutschland, man früher in Rente gehen kann und eine höhere Rente bezieht“, so der 61-jährige Rheinberger. Auch der Vorbesitzer des Schiffes habe ihm dazu geraten: Das würden viele Schiffseigner so machen, das sei absolut rechtens.

Am 27. März dieses Jahres hatte es zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidiger ein Verständigungsgespräch gegeben. Weil die Arbeiter im Zeitraum von 2008 bis 2013 sämtlich in Luxemburg sozialversichert waren, könne das Gericht das Verfahren in diesem Punkt einstellen. Bleibe der Steuerschaden, den der 61-Jährige in Deutschland angerichtet hat. Der Vorwurf: Steuerhinterziehung in 57 Fällen. Dafür könne die Kammer eine Bewährungsstrafe verhängen, „die ein Jahr und drei Monate nicht überschreitet“, so der Vorsitzende Richter zu Beginn der Hauptverhandlung vor der Wirtschaftsstrafkammer. Voraussetzung: Der Angeklagte räume „die objektive Begebenheit“ ein und versichere, den Steuerschaden so weit wie möglich zu beheben. Staatsanwaltschaft und Verteidiger stimmten dem Vorschlag zu.

Die Geschichte des Angeklagten kurz erzählt: 1957 in Duisburg geboren, Lehre als Schiffsführer, 1978 Schiffsführer-Patent, vier Jahre als Lkw-Fahrer gearbeitet, dann wieder als Schiffsführer angeheuert, dem Unternehmen im Januar 1993 ein schweres Schubschiff abgekauft, sich selbstständig gemacht, eine Firma gegründet, sie in Luxemburg angemeldet, stundenweise eine Sekretärin beschäftigt. Bis vor zwei Jahren transportierte der Angeklagte mit seinem Schubschiff unter anderem Chemikalien, Kohle und Erz auf dem Rhein. Auch sein früherer Arbeitgeber hat seinen Frachter öfter gemietet, um Ladungen von Rotterdam, Amsterdam, Antwerpen nach Deutschland zu transportieren.

Manchmal nahm der Rheinberger Unterlagen aus seinem Büro in Luxemburg mit nach Hause, um sie dort zu bearbeiten. Das bedeutete für das Finanzamt im Umkehrschluss: Der Angeklagte wickelt seine Geschäfte in Deutschland ab, ohne hier Steuern zu zahlen. Seitdem die Staatsanwaltschaft gegen ihn ermittelt, hat er keine Aufträge mehr bekommen.

„Ich habe alles verloren, mir gehört praktisch nichts mehr.“ Heute arbeitet er als Schiffsführer auf einem kleinen Reiseschiff, sein Lohn wird zur Hälfte gepfändet, um seine Steuerschulden abzuzahlen.

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