Rheinberg Beamte wollen nicht für Kita nachzahlen

Rheinberg · Die Stadt Rheinberg hat in den vergangenen vier Jahren in rund 50 Fällen versäumt, einen Aufschlag auf die Beiträge für den Kita-Besuch zu berechnen. Diesen fordert sie nun nach. Zwei Rheinberger Polizeibeamte wehren sich dagegen.

 Spielerische Idylle in einer Kita: Die Familien Reuters und Hasselberg ärgern sich über die Nachforderung der Stadt - vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussion in einigen Bundesländern, die Kindergartenbeiträge gänzlich abzuschaffen, um so junge Familien zu entlasten.

Spielerische Idylle in einer Kita: Die Familien Reuters und Hasselberg ärgern sich über die Nachforderung der Stadt - vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussion in einigen Bundesländern, die Kindergartenbeiträge gänzlich abzuschaffen, um so junge Familien zu entlasten.

Foto: dpa

Peter Reuters wohnt mit seiner Familie - Ehefrau Vanessa, den beiden elfjährigen Söhnen und der sechsjährigen Tochter - in Budberg. Der 43-Jährige ist Polizeibeamter und Alleinverdiener. Auch der Rheinberger Johannes Hasselberg (51) ist Polizeibeamter. Er und seine Frau haben zwei Töchter, vier und sieben Jahre alt. Beide haben im März Post von der Stadt Rheinberg bekommen und sollen nachzahlen. Für nicht erhobene Kita-Gebühren. Für die vergangenen vier Jahre. Reuters 1132,64 Euro, Hasselberg 534,66 Euro. "Wir haben beide fristgerecht Widerspruch dagegen eingelegt", sagt Johannes Hasselberg. Familie Reuters hat zusätzlich einen Anwalt eingeschaltet.

 Peter und Vanessa Reuters mit ihrer Tochter Luna. Um ihre Zeit in der Kindertagesstätte geht es.

Peter und Vanessa Reuters mit ihrer Tochter Luna. Um ihre Zeit in der Kindertagesstätte geht es.

Foto: Armin Fischer

Bei Familie Reuters geht es um die Kita-Gebühren für ihre Tochter Luna, bei Hasselberg um die siebenjährige Hannah, die inzwischen die St.-Peter-Grundschule besucht. Peter Reuters schildert, worum es sich dreht: "Die Stadt Rheinberg erhebt für die Kinder von Beamten einen fiktiven Zuschlag von zehn Prozent auf die Kita-Gebühren. Diese Differenz ist bei uns aber in den vergangenen vier Jahren offenbar vergessen worden, und jetzt wird das Geld nachgefordert. Ich finde diese Geschäftspraxis unerhört. Vor allem vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Diskussion in einigen Bundesländern, die Kindergartenbeiträge gänzlich abzuschaffen, um junge Familien zu entlasten und die örtliche Wirtschaft anzukurbeln."

Auf einen anderen Punkt weist Reuters Anwalt in seinem Schreiben an die Stadt hin. "In Ihren Beitragsbescheiden aus den Jahren 2014, 2015 und 2016 ist stets vermerkt worden, dass Sie berechtigt sind, Elternbeiträge neu festzusetzen. Allerdings wird insoweit die Bedingung aufgestellt, dass dies nur erfolgt, wenn die Einkommensangaben unvollständig oder fehlerhaft waren", heißt es da. Beide Familien haben ihre Steuerbescheide jedoch stets ordnungsgemäß vorgelegt.

Johannes Hasselberg: "Wir haben keinen Fehler gemacht." Deshalb frage er sich, warum die Elternbeiträge rückwirkend für vier Jahre neu festgesetzt werden. Peter Reuters: "Wir haben den Vertrag mit der Stadt auf einer anderen als der jetzt dargestellten Basis abgeschlossen." Den Beamten ärgert das Verhalten auch aus einem anderen Grund: "Es wird immer gefordert, dass sich die Bürger ehrenamtlich engagieren sollen. Das tun sowohl meine Frau als auch ich zum Wohle der Stadt. Auf der anderen Seite hat man dann den Eindruck, die Stadt arbeitet gegen ihre Bürger. Das verstehe ich nicht. Ich weiß nicht, ob die Stadt sich damit einen Gefallen tut." "Und", so ergänzt Vanessa Reuters, "man fragt sich ja auch: Was kommt da noch alles hinterher? Gibt es bald die nächste Nachforderung?"

Sozialdezernentin und Beigeordnete Rosemarie Kaltenbach und Monika Giesen, Fachbereichsleiterin Jugend und Soziales, können verstehen, dass sich die beiden Polizeibeamten ärgern. "Wir als Stadt haben einen Fehler gemacht - nicht die betroffenen Familien - und das tut uns leid", gibt Kaltenbach offen zu. "Aber trotzdem sind wir verpflichtet, das Geld nachzufordern." Es handelt sich um rund 50 Fälle in den vergangenen vier Jahren, bei denen vergessen worden sei, den zehnprozentigen Beamten-Aufschlag zu berechnen. Nur "eine Handvoll" davon habe Widerspruch erhoben. Und es gebe natürlich weitaus mehr Fälle, bei denen die Stadt Rheinberg keine Fehler gemacht habe.

Die Praxis des Zehn-Prozent-Aufschlags bei Beamten sei aus Gründen der Gebührengerechtigkeit vor zehn Jahren auch in Rheinberg eingeführt worden. Der Rat hat eine entsprechende Satzung beschlossen. Weil Beamte bei gleichem Brutto gegenüber einem Nicht-Beamten deutlich mehr Netto haben. Die Sozialdezernentin sagt ganz klar: "Auch wenn wir den Fehler gemacht haben, müssen wir das Geld nachfordern. Das haben wir nicht erfunden, dazu sind wir verpflichtet." Das regele der § 44 des 10. Sozialgesetzbuches im Passus "Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes". Auch die zulässige Frist ist darin definiert: maximal vier Jahre. "Die einzige Möglichkeit, den Betroffenen entgegenzukommen, ist, ihnen Ratenzahlung anzubieten", sagt Monika Giesen. Das sei passiert.

Für die Familien Reuters und Hasselbach ist das ein schwacher Trost. Zumindest Familie Reuters führt das Verfahren fort.

(up)
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