"Heißer Draht" zur Absage des Rückrundenauftakts NGZ-Leser: Fußball besser im Sommer spielen

Von David Beineke

Von David Beineke

Ginge es nach den NGZ-Lesern, die sich am Freitag am "heißen Draht" beteiligten, könnten die Fußball-Funktionäre lieber heute als morgen mit den Planungen beginnen, die Saison ins Kalenderjahr zu legen. Ihrer Meinung nach soll dann gespielt werden, wenn auch hierzulande die besten Witterungsbedingungen herrschen. Auch Platzwart Wolfgang Michalsky machte am Freitag sichtbar, dass an Fußballspielen auf der Wolkeranlage derzeit nicht zu denken ist. Würde die Saison ins Jahr gelegt, könnte das mit Sicherheit nicht passieren. NGZ-Foto: A. Woitschützke

Von Spielausfällen wegen Eis, Schnee und Dauerregen haben alle genug. Schon eine längere Winterpause wäre ein erster Schritt. Besonders zahlreich griffen gestern die Verantwortlichen aus dem Nachwuchsbereich zum Telefonhörer, denn die Jugendkicker waren nicht nur in diesem Jahr noch in stärkerem Maße betroffen als die Erwachsenen. Für sie fiel der Saisonstartschuss schon eine Woche früher und prompt konnten einige Partien nicht angepfiffen werden, am Freitag ist bekanntlich der komplette Spieltag für Senioren und Junioren abgesagt worden.

"Es ist doch wirklich ein Unding, dass man es in Kauf nimmt, Kinder im Alter von 12 Jahren solchen Bedingungen auszusetzen", meint Rainer Nowack, der die D-Jugend der SG Kaarst trainiert. Für ihn wäre es schon ein Schritt in die richtige Richtung, den Start nach der Winterpause deutlich nach hinten zu verlegen. "Es ist doch dann kein Problem auch mal in der Woche zu spielen", meint Nowack, "wobei das kaum nötig sein dürfte, weil sich außer ein paar Turnieren im Juni und Juli sowieso nichts abspielt."

Auch für den Kollegen Rüdiger Cremer von der A-Jugend des VdS Nievenheim wäre es kein Problem, seine Arbeit mit der Mannschaft nach neuen Gegebenheiten auszurichten. "Wenn man das vorher weiß, ist es doch keine Schwierigkeit, eine solche Terminierung hinzubekommen. Ich hätte auch nichts dagegen, zweimal in der Woche zu spielen. Dann könnte man die Saison auch Mitte, Ende Juni beenden."

Kein Verständnis für die aktuelle Regelung hat Martina Weitz, deren 13-jähriger Sohn bei der SG Gustorf-Gindorf spielt. Für sie ist es unbegreiflich, dass die Kinder schon aufs Feld müssen, während sich die Profis noch unter südlicher Sonne vorbereiten, obwohl dann im Sommer eine ewig lange Phase kommt, in der der Fußball ruht. "Das ist doch total unlogisch", ärgert sich die Gustorferin. Schließlich sorgt sie sich Winter für Winter um die Gesundheit ihres Filius, wenn der sich bei Kälte oder Regen auf dem Fußballplatz herumtreibt. "Es kann doch nicht angehen, dass man in dieser Jahreszeit nach jedem Spiel spekuliert, wie lange ein Kind krank wird und wieder nicht zur Schule gehen kann."

Angesichts dieser Missstände befürchtet Jürgen Dobanecker sogar, dass sich der Nachwuchs über kurz oder lang zu anderen Sportarten verabschiedet. "Und das, obwohl es einige Jugend-Spielklassen gibt, die mit neun Mannschaften nach einem Zwölfer-Raster spielen. Die vielen spielfreien Wochenenden zeigen doch, dass mit einer durchdachteren Organisation noch immenser Spielraum nach hinten ist", erklärt der 2. Jugend-Geschäftsführer der Rheinwacht Stürzelberg.

Hans-Jürgen Reck, Vorsitzender des SV Glehn, findet, dass es den Eltern der Nachwuchskicker nicht zuzumuten sei, bei solchen Witterungsbedingungen ihre Kinder zu Spielen durch die Gegend zu fahren. "Und wenn die Eltern unzufrieden sind, dann bleiben irgendwann auch die Kinder weg." Er plädiert dafür, die Saison komplett in ein Kalenderjahr zu legen. "In diesem Jahr beginnen die Ferien erst Mitte Juli, da ist doch genug Spielraum."

Vehement für die Veränderung des Status quo plädiert auch Dieter Moll, der vor kurzem noch Vorsitzender der Rheinwacht Stürzelberg war: "Das ist einfach ein Thema, das angesprochen werden muss. Ich ärgere mich schon seit Jahren darüber, dass die Spieler kurz nach dem Jahreswechsel durch die Kälte huschen, um sich vorzubereiten. Da ist doch kein vernünftiges Training möglich." Auch das Argument vieler Funktionäre, man müsse den Spielplan nach Europa- und Weltmeisterschaften ausrichten, will Moll nicht gelten lassen. "Abgesehen davon, dass da sowieso niemand aus unseren Vereinen für nominiert wird, wäre es doch eine super Motivation, wenn unsere Spieler trainieren könnten, während so ein großes Weltturnier läuft."

Einen großen Fürsprecher fände eine Verlegung der Saison ins Kalenderjahr auch in Helmut Rahner, Vorsitzender des FC Delhoven. Ihn bringt es auf die Palme, dass die wegen der schlechten Witterungsbedingungen ausgefallenen Spiele auf Teufel komm raus an Terminen wie Karneval oder Ostern nachgeholt werden, während im Juni bei meist optimalen Bedingungen niemand mehr an Fußball denkt. "Abgesehen davon, dass wir uns die Plätze ruinieren, wenn bei so schlechtem Wetter gespielt wird", meint Rahner, "das wird noch bedeutender, wenn man bedenkt, dass die Städte und Gemeinden, immer weniger an den Sportstätten tun und die Vereine vieles in Eigenregie erledigen müssen."

Für den Vorsitzende des FC Delhoven ist auch die mögliche Hitze kein Argument gegen eine Saison über den Sommer hinweg. Schließlich sei es auch entsprechend länger hell und Spiele könnten auch erst gegen 17 Uhr angepfiffen werden. "In der Woche sogar noch später", meint Rahner, der beispielsweise auch Mittwochsspieltage für eine attraktive Möglichkeit hält, mehr Zuschauer ins Stadion zu locken.

Das sieht auch Jörg Kaminski so, der zuletzt bei den SF Vorst auf der Trainerbank saß. "Das würde das Vereinsleben wesentlich aufwerten. In lauen Sommernächten nach den Spielen noch lange gemeinsam draußen zusammen sitzen, ist doch eine attraktive Vorstellung", meint Kaminski, dem es auch nicht in den Kopf will, dass in der besten Zeit des Jahres die Fußballplätze brach liegen. Auch die hierzulande ausgeprägte Lust an Schützenfesten ist für ihn kein Argument gegen eine Verlegung der Spielzeit ins Kalenderjahr.

"Die zwei, drei Spiele, die davon eventuell betroffen sind, lassen sich doch wohl verlegen, deswegen kann man doch nicht so viele Vorteile ungenutzt lassen", ist Kaminski überzeugt. Auch der so häufig angeführte Rahmenspielplan ist für ihn nur ein Vorwand. Dann müsse man eben die Profis von den Amateuren trennen. "Das kann doch kein so großes Problem sein. Da muss nur ein Wille vorhanden sein. Aber ich haben das Gefühl, daran fehlt es einfach bei vielen Funktionären."

(NGZ)
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