Remscheid Starthilfe für Power-Schülerin

Remscheid · Betül Turgut, Deutsche mit türkischen Wurzeln, ist Start-Stipendiatin der Hertie-Stiftung. Die 16-Jährige ist in Schule und Freizeit vielfach engagiert. Auch zu Hause muss sie schon viel Verantwortung tragen.

Betül Turgut geht in die 11. Klasse des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums. Sie erhält jetzt ein Start-Stipendium der Hertie-Stiftung. Die Stiftung vergibt es an Jugendliche aus Migrantenfamilien, die sich auszeichnen durch "starkes und bemerkenswertes Persönlichkeitspotenzial, gesellschaftliches Engagement und gute bis sehr gute schulische Leistungen".

Streitschlichterin und Kurssprecher

Betül Turgut — Deutsche mit türkischen Wurzeln — engagiert sich als Fachkonferenz-Vertreterin, als Rettungsschwimmerin, in der Theater-AG, als Schulsanitäterin, Streitschlichterin, Kurssprecherin sowie Kassenwartin der Schülervertretung. Wer die freundliche und zuvorkommende Betül ein wenig zurückhaltend auf der heimischen Couch sitzen sieht, kommt auf den ersten Blick nicht darauf, dass er hier einem Power-Mädchen gegenübersitzt. Auf den zweiten Blick schon. Vor dem PC wirkt sie konzentriert, und als ihr Vater ihre Mutter auf dem Rollstuhl ins Zimmer schiebt, dann wird schnell klar, dass Betül ihr Engagement mit in die Wiege gelegt worden ist.

Ihre Mutter leidet seit 14 Jahren an ALS, derselben Krankheit wie der bekannte Astrophysiker Stephen Hawking. So musste Betül schon sehr früh viele Rollen in der Familie übernehmen. Noch heute hat sie in der beengten Wohnung kein eigenes Zimmer, um in Ruhe ihre Hausaufgaben machen zu können. Sie teilt sich eine Ecke des Wohnzimmers mit ihrem elfjährigen Bruder. Trotzdem wirkt die 16-Jährige nicht frustriert oder gar deprimiert. Sie scheint das Leben so zu nehmen, wie es kommt, mit Tatkraft und dem Wunsch, "einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten". Die Einstellung "lass' das mal die anderen machen" ist ihr fern.

Ihr Migrationshintergrund spielt für sie eine untergeordnete Rolle. Betül ist in Deutschland geboren. Später möchte sie einen "internationalen Beruf" ergreifen: "Im internationalen Management oder als Wirtschaftsjuristin, aber mit internationalen Aufgaben." Neben Deutsch spricht sie natürlich Türkisch, auch Englisch, Französisch und Spanisch. Demnächst soll Chinesisch dazukommen.

Findet sie überhaupt Zeit für Hobbys? Betül nickt, ihre Augen leuchten. Sie tanzt Jazz und Hip-Hop, manchmal trifft sie sich mit Freundinnen, um Fußball zu spielen. Ihr Herz hängt auch an der Theater-AG. Es reizt sie, die Welt mit anderen Augen als gewohnt zu sehen. Außerdem könne sie in der Theater-AG Freundschaften mit Älteren schließen — das ist ihr wichtig. Sie zitiert als persönliches Motto ein afrikanisches Sprichwort: "Wenn du schnell gehen willst, dann geh' alleine; wenn du weit gehen willst, dann geh' mit vielen."

(RP)
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