Interview „Ich kämpfe für ein Wir-Gefühl im Kreis“

Radevormwald · Die SPD-Politikerin ist seit 35 Jahren Kreistagsmitglied. Sie wünscht sich, dass die Menschen die Kreispolitik mehr wahrnehmen.

 Ursula Mahler engagiert sich in ihrer Heimatstadt unter anderem im Heimat- und Museumsverein. Hier zeigt sie ein interessantes Exponat: Eine Urkunde für Hugo Kämper, der beim Flugzeugabsturz auf Hahnenberg 1928 zum Lebensretter wurde.

Ursula Mahler engagiert sich in ihrer Heimatstadt unter anderem im Heimat- und Museumsverein. Hier zeigt sie ein interessantes Exponat: Eine Urkunde für Hugo Kämper, der beim Flugzeugabsturz auf Hahnenberg 1928 zum Lebensretter wurde.

Foto: Stefan Gilsbach

Frau Mahler, vor 35 Jahren wurden Sie in den Kreistag gewählt. Wie waren damals die Umstände?

Ursula Mahler Ich bin durch ein Überhangmandat in den Kreistag gekommen. Die CDU hatte bei der Wahl so viele Direktmandate erhalten, dass die SPD noch zum Ausgleich einige Sitze erhielt. Und so kam ich in das Gremium.

Zu dieser Zeit waren Sie schon einige Jahre im Rat aktiv.

Mahler Richtig, ich war von 1979 bis 1999 im Radevormwalder Rat.

Mit dem neuen Mandat mussten Sie nun regelmäßig nach Gummersbach fahren. War das nicht lästig?

Mahler Na ja, ich mag den Kreis und seine Landschaft, und ich fahre gern Auto. Aber es stimmt schon, wenn man diese Strecke dann drei, vier Mal pro Woche fährt, dann schwindet der Reiz ein wenig (lacht).

Wie lang brauchen Sie von hier bis nach Gummersbach?

Mahler Früher habe ich eine Dreiviertelstunde gebraucht, mittlerweile eine Stunde. Im Moment gibt es auf der Stecke viele Baustellen.

Könnte man die Sitzungen nicht näher an Radevormwald stattfinden lassen?

Mahler Das habe ich anfangs auch gedacht, aber dann habe ich mir die Strecken angeschaut, die von den Kreistagsmitgliedern aus Morsbach oder Reichshof gefahren werden müssen. Gummersbach liegt tatsächlich recht zentral im Kreisgebiet.

Wo finden die Sitzungen statt?

Mahler Der Kreistag selber tagt im Gummersbacher Rathaus, die Ausschüsse finden im Hohenzollernbad statt.

Wie wird die Kreispolitik Ihrer Erfahrung nach von den Menschen in Radevormwald wahrgenommen?

Mahler Nun, die negativen Schlagzeilen gelangen leider eher in den Norden. Was auf Kreisebene positiv läuft, wird weniger wahrgenommen.

Können Sie Beispiele nennen für Themen, die auch in Radevormwald viele interessiert haben?

Mahler Vor einigen Jahren gab es unterschiedliche Tarife der Verkehrsverbände im Kreisgebiet, das hat die Menschen interessiert. Aber ansonsten wird die Kreispolitik wenig beachtet.

Aber woran liegt das?

Mahler Es hat zum Teil mit den gewachsenen Strukturen zu tun, die sich nicht mit den Grenzen des 1975 gegründeten Oberbergischen Kreises decken. Denken Sie an die Kirchenkreise – wir gehören in Radevormwald zum Kirchenkreis Lennep, im Süden des Kreisgebietes ist es der Kirchenkreis Agger. Auch bei den Fußballern, den Schützen und anderen Bezirksverbänden ist der Zuschnitt ein anderer. Und so entwickelt sich nur schwer eine oberbergische Identität. Ich habe seit Jahrzehnten für ein Wir-Gefühl im Kreis gekämpft, aber damit stehe ich ziemlich alleine.

Fühlen Sie sich als „Oberbergerin“?

Mahler Wenn Menschen mich fragen, wo ich herkomme, dann sage ich: „Aus dem Bergischen Land“. Mit dem Oberbergischen Kreis können viele nichts anfangen. Aber beim Begriff „bergisch“ denken sie zum Beispiel an Waffeln oder andere typische Dinge.

Welche Themen sind derzeit in der Kreispolitik wichtig?

Mahler Wichtige Themen sind natürlich die Kreisfinanzen und die Bewerbungen für die Regionale 2025. Auch über einen Kreishaus-Neubau wird diskutiert.

Wie ist die Debattenkultur im Kreistag?

Mahler Die ist eigentlich gut. Natürlich wird auch mal kontrovers diskutiert, aber im Großen und Ganzen geht es fair zu.

Haben Sie bei den Sitzungen schon einmal Bürger aus Radevormwald gesehen?

Mahler (überlegt) Ich kann mich nicht erinnern. Neulich ging es um das Thema Klimaschutz, da waren viele Zuhörer im Saal. Aber nach diesem Tagesordnungspunkt sind sie gegangen. Dabei ging es im Anschluss um die Kinderärztliche Versorgung im Kreis. Komischerweise schien die Menschen so ein wichtiges Thema nicht zu interessieren.

 Landrat Jochen Hagt ehrte kürzlich Ursula Mahler (vorne, 2.v.l.) und andere Kreistagsmitglieder für ihre Arbeit im Kreistag.

Landrat Jochen Hagt ehrte kürzlich Ursula Mahler (vorne, 2.v.l.) und andere Kreistagsmitglieder für ihre Arbeit im Kreistag.

Foto: OBK


Sie kennen den Oberbergischen Kreis inzwischen viel besser als die meisten Radevormwalder. Haben Sie ein paar Ratschläge, was man gesehen haben muss?

Mahler Es gibt viele interessante Orte. Ich denke da an das wunderschöne Haus Dahl in Müllenbach, an das Freilichtmuseum in Lindlar, das ja von Radevormwald nur rund 40 Kilometer entfernt ist. Und in Nümbrecht gibt es das Kreismuseum Schloss Homburg. Ja, unser Kreis hat wirklich eine Menge zu bieten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort