Neuss Mit Roths Roman „Hiob“ in die neue Spielzeit

Neuss · Wer Joseph Roths Roman "Hiob" kennt, mag kaum glauben, dass er auch auf die Bühne zu bringen ist. Aber die Fassung von Koen Tachelet bescherte der Uraufführung des Stoffs 2008 in den Münchner Kammerspielen unter Johan Simons einen Erfolg, der in Einladungen zu zahlreichen Festivals gipfelte.

 Bettina Jahnke mit ihrem Hauptdarsteller Joachim Berger.

Bettina Jahnke mit ihrem Hauptdarsteller Joachim Berger.

Foto: Andreas Baum

"Man hört ihn, und ganz viele Türen im Kopf gehen auf", sagt auch Bettina Jahnke und gerät regelrecht ins Schwärmen über das Stück, mit dem die Intendantin des RLT die neue Spielzeit in ihrem Haus eröffnet.

Die Geschichte erzählt von der Familie des jüdischen Lehrers Mendel Singer, der im Galizien der 1920er Jahre lebt. Mit der Geburt des kranken Menuchim, der an Epilepsie leidet, wird sein Glauben an Gott auf eine harte Probe gestellt, denn auch die drei anderen Kinder machen ihm und seiner Frau Deborah Sorgen. Ein Thema mithin, dass geradezu perfekt zum Spielzeitmotto "glauben!" passt und für Jahnke in jeder Hinsicht hochaktuell ist. "Es geht um den Verlust von Familie und Heimat", sagt sie, "etwas, was viele Menschen heute immer noch erleben."

Was der Roman episch erzählt — die Übersiedlung nach Amerika, das Wiedersehen mit dem kranken Sohn — spiegelt die auch für Chefdramaturgin Barbara Noth "vorbildliche" Theaterfassung in situativen Bildern. Und das offensichtlich so perfekt, dass für die rund zweieinhalbstündige Inszenierung kaum ein Wort gestrichen wurde.

Von "Anatevka"-Folklore ist dabei nicht nur das Spiel weit weg, versichern Jahnke und Noth, sondern auch Bühnenbild und die Musik. Ausstatter Juan Léon verspricht eine Bühne, die sich an den frühen Bildern des Malers Marc Chagall orientiert, und Kostüme, die "heutig sind, aber sich ans 20. Jahrhundert halten". Ebenso wie Musiker Bojan Vuletic lobt er die Zusammenarbeit des Teams: "Wir haben uns den Stab in die Hand gegeben."

Dabei ist dann auch herausgekommen, dass Vuletic eine Musik für eine Violinistin geschrieben hat, die die ganze Zeit auf der Bühne steht. "Die Musik spielt mit", sagt Jahnke mit Nachdruck, sie wollte keinen Musiker am Rand oder auf einem Podest, sondern mittendrin: "Suzsa Debre sucht sich selbst ihren Weg und Platz."

(hbm)
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