Neusser Woche Ausgleichsrücklage Der Steuersegen eröffnet eine zweite Chance

Neuss · Sie war aufgezehrt. Jetzt könnte die städtische Finanzrücklage wieder auf das 2007er-Niveau gebracht werden. Haben Rat und Verwaltung gelernt?

Als die Stadt 2007 ihr Rechnungswesen auf das "Neue kommunale Finanzmanagement" (NKF) umstellte und mit seiner Buchführung den kaufmännischen Grundsätzen folgte, wies die Eröffnungsbilanz ein Eigenkapital von 900 Millionen Euro aus; die Ausgleichsrücklage betrug 76,8 Millionen. Zehn Jahre später ist das Eigenkapital um rund 90 Millionen abgeschmolzen und die zwischenzeitlich aufgezehrte Ausgleichsrücklage hat gerade einmal wieder 13 Millionen erreicht. Schlechte Zahlen trotz sprudelnder Steuern. Neuss hat kein Einnahmeproblem, die Stadt haushaltet zu teuer.

In dieser Situation überweist ein Unternehmen aus dem Johnson & Johnson-Konzern unverhofft 152 Millionen Euro an die Stadtkasse. Die Sitzverlagerung nach Wien ließ sogenannte stille Reserven steuerrelevant werden, so dass der stattliche Gewerbesteuer-Betrag floss. Auch wenn der rechtsverbindliche Bescheid noch fehlt: Für Neuss, das erst 2011 Sitz des Unternehmens geworden war, wäre es ein Glücksfall, denn die Zahlung ist nicht das Ergebnis irgendwelcher wirtschaftsfördernder Anstrengungen. Mit diesem "Lottogewinn" würde sich eine zweite Chance auftun. Der Nettoeffekt reicht, die Ausgleichsrücklage auf das Ausgangsniveau von 2007 zu setzen. Rat und Verwaltung könnten zeigen, was sie gelernt haben.

Ob's gelingt? Kämmerer Frank Gensler und CDU-Finanzexpertin Elisabeth Heyers zeigen mit ihrem Bekenntnis zur Konsolidierung Verantwortung. Doch ist ihre Haltung mehrheitsfähig? Joachim Goerdt würde offenbar gern lang diskutierte Projekte mit dem Steuersegen finanzieren. Dabei findet der CDU-Ratsherr die Antwort im Internet: "Ziel muss jedoch sein, sie auf einem hohen Niveau zu halten, um unvorhergesehenen Einnahmeausfällen, zum Beispiel bei der Gewerbesteuer, oder Mehrausgaben begegnen zu können." Das schrieb 2007 der damalige und heutige CDU-Chef Jörg Geerlings. Dem ist nun wirklich nichts hinzuzufügen. So geht's.

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(NGZ)
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