„Start-up Night Digital Health“ in Mönchengladbach Per App den Arzttermin buchen

Mönchengladbach · Bei der „Start-up Night Digital Health“ traf sich die Gesundheitsbranche mit der digitalen Szene im Gründerzentrum Westend.MG. Es ging auch um Al­go­rith­men, die die Patientenzahl bei Fußballspielen und Wirbelstürmen berechnen.

 Annette Huhn stellte ein Tumordokumentationssystem vor.

Annette Huhn stellte ein Tumordokumentationssystem vor.

Foto: Angela Rietdorf

Zu Beginn ihrer Präsentation zeigt Alexandra Diers eine Schnecke – als Symbol für die Digitalisierung in Deutschland. Es gehe nur langsam voran, will sie damit sagen. Andererseits ist die Digitalisierung weiter fortgeschritten, als vielen bewusst ist. Dafür liefert die Vertreterin des deutsch-französischen Start-up-Unternehmens Doctolib ebenfalls ein Beispiel. Die Online-Terminvergabe – ab 2020 vom Gesundheitsministerium für die Terminservicestellen vorgeschrieben – gibt es längst. 35 Millionen Kunden nutzen Doctolib bereits, mehrheitlich allerdings noch in Frankreich.

Alexandra Diers war eine der Repräsentantinnen der Digitalwirtschaft, die sich im Rahmen der Start-up Night Digital Health im Innovations- und Gründerzentrum Westend.MG vorstellte. Organisiert von der Wirtschaftsförderung Mönchengladbach und der Digitalisierungsinitiative Next MG widmete sich die Veranstaltung den Möglichkeiten, die die Digitalisierung für das Gesundheitswesen bietet. Zum Beispiel im Klinikbereich.

Timo Möller vom Berliner Start-up Deepset zeigte auf, was der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bereich der Notfallambulanzen bewirken könnte. Das Unternehmen beschäftigt sich mit automatischer Sprachverarbeitung und will auf Basis von schriftlichen Ankündigungen beispielsweise in der Tageszeitung die Patientenzahlen in der Ambulanz vorhersagen. Ein einfaches Beispiel: Wenn ein Bundesligaspiel stattfindet, ist mit einem erhöhten Patientenaufkommen zu rechnen. „Die Planbarkeit ist natürlich abhängig von Ereignistypen“, sagt Möller, Mitbegründer des Start-up-Unternehmens und gebürtiger Erkelenzer. „Ein Fußballspiel ist besser längerfristiger vorhersagbar als ein Wirbelsturm.“ Es geht nicht nur darum, genügend Personal in den Ambulanzen bereitzustellen, sondern auch darum, rechtzeitig die Patientenströme umzuleiten. Die Städtischen Kliniken Mönchengladbach arbeiten in diesem Projekt mit den Digitalexperten von Deepset zusammen. „Das bedeutet auch, dass eine erhöhte Flexibilisierung in der Personalplanung nötig wird“, sagt Geschäftsführer Thorsten Celary.

Ganz anders setzt Professor Lorenz Sellin von der Uni-Klinik Düsseldorf die digitalen Werkzeuge ein. Der Nephrologe hat Apps entwickelt, die Mediziner und Medizinstudenten in ihrer Arbeit unterstützen. „Wir hatten früher Formelsammlungen in der Kitteltasche“, sagt der Nierenexperte. „Aber etliche Bücher werden gar nicht mehr neu aufgelegt.“ Also hat er eine App entwickelt, die die Informationen bereitstellt, die er in seinem Alltag braucht: Formeln zur Berechnung von Dosierungen zum Beispiel. Oder zum Einsatz von Antibiotika je nach Grad der Nierenschädigung. Für die angehenden Ärzte im Praktischen Jahr hat er eine App bereitgestellt, die beispielsweise die Planung von Visiten ermöglicht, auflistet, was getan werden muss und bereits durchgeführte Tätigkeiten abhakt. „So entstehen wachsende Kompetenzlisten, über die die Studierenden verfügen“, sagt Sellin.

Die Digitalisierung bietet spannende Möglichkeiten – wenn alles funktioniert. Die Keynote des Abends, die live aus Israel eingespielt werden sollte, fiel wegen technischer Probleme aus. Den Veranstaltungsteilnehmern wurde ein Link angekündigt, der später verschickt werden sollte. Also doch noch Digitalisierung im Schneckentempo?

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