Mönchengladbach OB Bude gegen Giesenkirchen 2015

Mönchengladbach · Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD) fühlt sich durch den Erfolg beim Nominierungskonvent gestärkt. Er befürchtet, dass der lange Wahlkampf bis Juni 2009 die Politik in der Stadt lähmen wird und beklagt eine gereizte Stimmung in politischen Ausschüssen.

Mönchengladbach: OB Bude gegen Giesenkirchen 2015
Foto: Isabella Raupold

Am Donnerstag nominierte Sie die SPD zum Kandidaten für die OB-Wahl 2009. Wie nachhaltig wirkt der Abend auf Sie? Gehen Sie gestärkt in den Wahlkampf?

Norbert Bude Ein solches Ergebnis ist ein Motivationsschub. Der Abend hat gezeigt, dass die SPD einen Kandidaten bestimmt hat, der es sein soll. Mir ist bewusst, dass wir jetzt hart arbeiten müssen. Aber die Begeisterung der Leute hat schon eine Wechselwirkung gezeigt, die stattgefunden hat.

Wie inszeniert war der Abend? Wurden Sie vorher beraten?

Bude Hinter jeder Veranstaltung steckt eine gewissenhaften Organisation. Es gab jedoch keine externe Beratung. Aber es gibt auch immer mehrere Dinge, die nicht zu planen sind: Rund 1200 SPD-Mitglieder waren eingeladen. Wir wussten nicht, wie viele kommen würden. 1000 Bürger waren eingeladen, es gab 200 Rückmeldungen und 300 waren da. Das Konzept hat funktioniert, es war eine tolle Veranstaltung.

In der Bundes-SPD wird häufig quer geschossen und Intrigen werden gesponnen. Hier in Mönchengladbach steht die SPD komplett hinter Ihnen. Woran liegt das?

Bude Ich habe immer gesagt, das meine wichtigste Charakter-Eigenschaft Authentizität ist. Die Mitglieder sehen und glauben: Da ist jemand, der tut, was er sagt und der hart kämpft. Wenn der Kandidat das macht, dann machen wir das auch.

Wie lange haben Sie an der Rede zum Parteitag gearbeitet?

Bude Eine Woche vorher wuchs die Rede im Kopf, Dienstag habe ich angefangen zu schreiben. Donnerstagmorgen war die Rede fertig.

Sie haben Ihre möglichen Konkurrenten im Wahlkampf ganz ausgespart. War das bewusst?

Bude Ich bewerbe mich selbst um das Amt. Deshalb habe ich mich auf meine Eigenschaften, Ziele und Inhalte konzentriert.

Sie wollen Mönchengladbach stärker machen. Wie kann das geschehen?

Bude Für mich zählt zur Stärke einer Stadt, was sie Eltern für Betreuungsangebote bietet. Ein Bereich ist die Offene Ganztagsgrundschule. Die haben wir mittlerweile relativ flächendeckend. Mir fehlen aber noch Plätze für die U3-Betreuung. Das möchte ich gerne verstärken. Und das ist eine Stäke, mit der eine Stadt werben muss.

Sie haben von einem Chaos in der städtischen Bildungslandschaft gesprochen und die Schuld den Mehrheitsfraktionen im Rat gegeben.

Bude Wir haben Chaos, wenn es durch den demographischen Wandel weniger Schüler gibt, wir aber nicht darauf reagieren. Als beschlossen wurde, das Thema Schulschließungen zu verschieben, haben wir das Heft des Handelns aus der Hand gegeben. Ich verstehe das nicht. Wir hätten die Schulen stärken können, die noch eine Chance haben. Es könnte sich nämlich die Situation ergeben, dass durch wenige Anmeldungen Schulen von der Bezirksregierung geschlossen werden.

Sie haben kein Verständnis für CDU und FDP, dass sie den Vorschlag von Schuldezernent Dr. Gert Fischer abgelehnt haben?

Bude Dr. Fischer hat auf der Basis des Schulentwicklungsplans, auf der Basis von Zahlen und nach Rücksprache mit der Schulaufsicht seinen Vorschlag erarbeitet. Ich finde es sehr kurzfristig gedacht zu sagen: Das entscheiden wir jetzt nicht. Diese Fakten werden jetzt andere für uns schaffen.

Wollen CDU und FDP die Entscheidung bis nach der Wahl hinauszögern?

Bude Wenn das der Grund ist, dann ist das eben sehr kurzfristig gedacht. Dann kommt das Thema umso heftiger auf uns zurück.

Wäre eine sechste Gesamtschule die Alternative?

Bude Ich bin überzeugt, dass wir aus dem Schülerpotenzial eine sechste Gesamtschule gründen können. Insofern bin ich dafür.

Welches Entwicklungspotenzial sehen Sie in der Hochschule Niederrhein?

Bude Wir haben wieder einen Anmelde-Boom. Da ist Potenzial da. Der Campus bietet auch Fläche genug für eine räumliche Entwicklung.

Ist es realistisch, aus der GEM wieder eine hundertprozentige Stadttochter zu machen?

Bude Wir haben einen Vertrag mit der GEM, der bis 2015 läuft. Danach müssten wir das nach dem Vergaberecht neu ausschreiben. Dann sehe ich für die GEM bei der derzeitigen Tarifstruktur leider keine Chance. Und ich will nicht, dass das Müllgeschäft in anderen Händen landet. Wenn die GEM aber eine hundertprozentig Stadttochter wäre, dann können wir den Vertrag ohne Ausschreibung fortschreiben.

Die Haushaltslage der Stadt ist dramatisch. Wie kann die Stadt noch aus diesem Dilemma herauskommen?

Bude Indem sich in drei Bereichen etwas ändert: Erstens in der Finanzbeziehung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Kämmerer Bernd Kuckels hat recht, wenn er sagt, dass die Kommunen chronisch unterfinanziert sind. Zweitens muss die Ausgaben-Situation überdacht werden. Ein Beispiel: Aus Rückzahlungen bekam die Stadt ein Million Euro und ich wollte die komplett in den Schuldenabbau stecken. Stattdessen entschied der Rat, das Geld für Projekte zu verwenden. Eine Million ist beim unserem Schuldenstand ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber ein Kredit von einer Million kostet auch eine Menge Zinsen. Und drittens muss man darüber diskutieren, ob die riesige Schuldensumme nicht durch Sondertilgungsmöglichkeiten aus speziellen Fonds oder mit günstigen Rückzahlungs- und Zinsmodellen passieren kann.

Die Stadt muss 40 Millionen für Hilfe zur Erziehung aufbringen. Andererseits ist für die Vorbeugung von Vernachlässigung kein Geld da, weil das freiwillige Leistungen sind. Wie passt das zusammen?

Bude Über die 40 Millionen gibt es nichts nachzudenken. Wir müssen darauf achten, dass bestehende Strukturen in der Jugendbetreuung, zum Beispiel Jugendheime, auf dem aktuellen Niveau gehalten werden. Wir müssen aus dem, was da ist, noch mehr etwa durch intensiverer Vernetzung bestehender Einrichtungen machen.

Beschäftigt die Frauenfußball-Weltmeisterschaft 2011 die Stadt? Haben Sie irgendeine Reaktion nach dem Besuch des OKs erhalten?

Bude Die Begeisterung über das Stadion war echt. Ich bin zuversichtlich, dass Mönchengladbach am 30. September als einer der Spielorte bestätigt werden wird.

Für so ein Großereignis muss die Stadt etwas tun. Bei der Hockey Champions Trophy wurde nur wenig Geld ausgegeben. Haben Sie für 2011 schon einen Etat? Wie wird das finanziert?

Bude Wir tun mehr als man in Euro darstellen kann: Mit unserem Personal und unserem Equipment. Bei der Champions Trophy galt das genauso wie für die Hockey-Weltmeisterschaft. Für 2011 müssen wir Geld in die Hand nehmen, das werden nach derzeitigen Erkenntnissen etwa 370.000 Euro sein. Selbstverständlich könenn wir erst nach einer erfolgreichen Bewerbung auf Sponsorensuche gehen.

Die Stadt ist während der WM 2011 Nutzer des Stadions.

Bude Richtig. Wir haben darüber einen Vertrag mit Borussia gemacht. Das waren gute Verhandlungen mit Augenmaß.

Ein paar Meter weiter hat die Stadt ihr Hockey-Stadion, in dem nur noch selten Hocky gespielt wird. Sind Sie damit glücklich?

Bude Der Deutsche Hockey-Bund hat dort seinen Sitz, von daher ist das Stadion noch immer der Hockey-Mittelpunkt in Deutschland. Es wäre nur überheblich zu sagen, bei uns müssten alle Hockey-Turniere des DHB stattfinden. Gleichzeitig habe ich immer gesagt: Das Stadion ist nicht nur durch Hockey auszulasten. Ich bin froh, dass dort u.a. die Mavericks Football spielen und andere Veranstaltungen laufen. Der Mix ist völlig in Ordnung.

Am Bergerfeld wird derzeit ein Kunstrasen gebaut. Es war mal die Rede von fünf Kunstrasenplätzen in Mönchengladbach. In welchem Zeitrahmen können die realistisch entstehen?

Bude Bis dass der erste entstanden ist, hat es lange gedauert. Wir sollten damit erstmal Erfahrungen sammeln. Ich bin sicher, dass weitere kommen werden. Aber man sollte nicht nur auf Kunstrasen setzen.

In Mönchengladbach regt sich in der Bevölkerung Widerstand gegen Projekte. Was ist Ihre Haltung zum Standort des Café Pflaster?

Bude Das Projekt Café Pflaster wurde auch wegen des Standortes intensiv diskutiert. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Brucknerallee der richtige Standort ist. Das Schüren von Ängsten aufgrund falscher Tatsachen hat bei manchen dafür gesorgt, gegen das Projekt zu sein. Mein Wunsch wäre: Der Einrichtung einen fairen Start zu geben und nach einigen Monaten die Erfahrungen ehrlich diskutieren.

Wie stehen Sie zu "Giesenkirchen 2015”?

Bude In diesem Projekt sind so viele Annahmen falsch getroffen worden, dass ich kein Vertrauen mehr in die Berechnungen habe. Ich habe kein Vertrauen darin, dass so viel Geld bei der Vermarktung übrig bleibt, dass der städtische Haushalt davon profitiert. Deshalb bin ich dagegen.

Für den Wert der Sportanlage Puffkohlen wurden falsche Zahlen angegeben. Warum haben Sie nicht eingegriffen?

Bude Dr. Fischer macht das in Eigenverantwortung für seinen Aufgabenbereich, es gab keine Verwaltungsentscheidung. Es gab konträre Ansichten in der Verwaltung, und ich habe keine OB-Entscheidung getroffen, weil die Sache für mich nicht entscheidungsreif war. Es bleibt eine politische Entscheidung. Ich habe jedoch die Pflicht so wie der Regierungspräsidenten die Ratsentscheidung zu überprüfen.

Sie meinen falsche Zahlen und die Befangenheit von Bezirksvorsteher Frank Boss.

Bude Es war schon paradox: Man kann nicht beim gleichen Thema in dem einen Ausschuss befangen sein und in dem anderen nicht. Für mich stellt sich die Situation so dar: Gibt es eine Entscheidung, wo ich als OB eingreifen muss? Bisher nein, aber die Prüfung dauert an.

Sie wollen den Ausbau des Flughafens vorantreiben. Welche realistischen Chancen hat Mönchengladbach?

Bude Nach der letzten Gesprächsrunde der Gesellschafter war vereinbart worden, dass Düsseldorf sich Gedanken macht und wir uns auf deren Basis noch einmal zusammensetzen. Wenn das passiert ist, werden wir uns wieder zusammensetzen.

Stichwort EWMG: Sie wollen eine interne Lösung. Wen favorisieren Sie?

Bude Ich werde nicht den Fehler machen und, wie es so oft in dieser Stadt passiert, Namen zu früh nennen.

Sie wollen eine neue Kultur des Miteinanders schaffen. Derzeit sind die Fraktionen weiter denn je voneinander entfernt. Wie kann wieder zielgerichteter gearbeitet werden?

Bude Die Stimmung wird immer schlechter, gereizter und unsachlicher. Wir haben vor Jahren bereits Änderungen in der Geschäftsordnung angeregt. Was Redezeiten betrifft und ähnliches. Die sind abgelehnt worden von den Leuten, die sich jetzt beschweren, die Sitzungen würden zu lange dauern. Ich wünsche mir, dass wir uns nicht in festen Konstellationen bewegen, sondern bei Sachthemen immer wieder neu diskutieren. Das funktioniert woanders auch.

Welche Erwartungen haben Sie an den Wahlkampf?

Bude Ich stelle mir einen fairen Wahlkampf ähnlich wie 2004 vor.

Wie hart werden Sie Ihre Konkurrenten angehen?

Bude Ich hoffe, dass wir uns bei öffentlichen Veranstaltungen oft auseinandersetzen können und das dies dann sachlich und fair läuft..

Was erwarten Sie von der Gegenseite?

Bude Dass sie es genauso sieht.

Können Sie mit dem CDU-Kandidaten Norbert Post noch ein Bier trinken?

Bude Man kann sich fair auseinandersetzen und nachher durchaus noch ein Bier miteinander trinken.

Angeblich soll es zwischen SPD und den Grünen Gespräche geben, um die Grünen zu einem Verzicht eines eigenen OB-Kandidaten zu bewegen. Ist da etwas dran?

Bude Diese Gespräche hat es gegeben. Dabei ging es um die Unterstützung meiner Kandidatur durch die Grünen. Es liegt jetzt an den Grünen, sich zu entscheiden.

Was sagen Sie dazu, dass drei Kandidaten das bürgerliche Lager aufspalten?

Bude Man muss um die eigene Mehrheit kämpfen und das werde ich tun.

Wird der Wahlkampf die Politik in dieser Stadt bis zum Wahltag lähmen?

Bude Das befürchte ich, ja. Das sehe ich an Entscheidungen, die im Moment nicht getroffen werden. Mir macht das Angst, weil wir noch fast ein Jahr von der Wahl entfernt sind und es kann nicht sein, dass es zu einem einjährigen Stillstand kommt.

Sie sind im SPD-Nachwuchskader: Wird Nobert Bude bei einer verlorenen Wahl in Mönchengladbach bleiben?

Bude Es gibt immer ein Leben nach der Wahl. Aber im Moment gibt es keinen Plan B in der Schublade.

Werden Sie bei einer gewonnenen Wahl vorzeitig in andere Ämter wechseln?

Bude Ich trete für sechs Jahr als Oberbürgermeister in Mönchengladbach an.

(RP)
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