Mönchengladbach „Ein Begrünungskonzept ist ein guter Ansatz“

Mönchengladbach · Die Bezirksvorsteherin spricht über ihre Lieblingsplätze, den Streit um Blumenkübel und dass es Wichtigeres im Bezirk Süd gibt.

Barbara Gersmann ist die Bezirksvorsteherin von Mönchengladbach Süd. Dazu gehören Rheydt und Odenkirchen.

Barbara Gersmann ist die Bezirksvorsteherin von Mönchengladbach Süd. Dazu gehören Rheydt und Odenkirchen.

Foto: Isabella Raupold

Frau Gersmann, was ist schöner: Karnevalsprinzessin sein oder Bezirksvorsteherin von Rheydt?

Gersmann (lacht) Dazwischen gehört ein „und“, kein „oder“. Das ist beides sehr, sehr schön. Karnevalsprinzessin ist ein kürzerer und komprimierterer Job. Das Tollste ist, dass das Feedback da hundertprozentig positiv ist. Das ist natürlich in der Kommunalpolitik nicht immer so. In beiden Positionen kann man was bewegen: im Karneval passiert das mehr durch die Berührung mit den Menschen, als Bezirksvorsteherin kann man eher Projekten einen Stoß in die richtige Richtung geben. Aber Karnevalsprinzessin hat zwei großen Vorzüge: Man trägt die coolere Kleidung und man bekommt eine Kolumne in der Rheinischen Post.

Was macht den Bezirk Süd für Sie besonders?

Gersmann Ich finde den Bezirk extrem liebenswert. Er hat wunderschöne Ecken und ist für mich Heimat. Er wird durch zwei innerstädtische Zentren geprägt: Rheydt und das kleinere, aber sehr aktive Odenkirchen. Man spürt auch heute noch den starken protestantischen Hintergrund: Die Menschen sind nicht die klassischen Rheinländer, sondern etwas zurückhaltender, aber sehr liebenswert. Rheydt ist sehr bunt, sehr facettenreich. Es gibt nur drei Schützenbruderschaften, in den stärker katholisch geprägten Bezirken sind es viel mehr. Dafür gibt es aber jede Menge anderer Vereine. Ich bin deshalb weniger auf Schützenfesten als auf Veranstaltungen wie Hasen- und Taubenschauen unterwegs. Das ist übrigens überraschend interessant. Man lernt ständig dazu als Bezirksvorsteherin.

Welche Lieblingsplätze haben Sie im Bezirk?

Gersmann Das ist einfach: Schloss Rheydt natürlich, den wunderschönen Rheydter Marktplatz und den Tierpark in Odenkirchen, wo man so schön unter alten Bäumen sitzen und den Alpakas zusehen kann.

Ist der Bezirk Süd Teil der Stadt oder in den Köpfen immer noch die Stadt Rheydt?

Gersmann Auch 43 Jahre nach der kommunalen Neuordnung nehmen sich Rheydter immer noch als Rheydter wahr, überraschenderweise sogar Leute, die deutlich jünger als 43 Jahre sind und sich gar nicht mehr an die unabhängige Stadt Rheydt erinnern können. Ich finde daran aber auch nichts Schlechtes. Rheydter sind Rheydter, Odenkirchener sind Odenkirchener. Ein starkes Gemeinschaftsgefühl hilft auch der Gesamtstadt, solange es nicht in ein Gegeneinander ausartet.

Wann waren Sie zuletzt in der Rheydter Innenstadt einkaufen?

Gersmann Letzte Woche, da habe ich was in die Reinigung gebracht und eine Sonnenbrille gekauft. Ich bin regelmäßig und gern da. Aber es ist sicher noch Luft nach oben. Der Leerstand ist natürlich zu groß.

Leerstand ist in der Tat ein Problem. Jetzt geht auch noch C&A, bei Karstadt ist die Zukunft offen. Was ist zu tun?

Gersmann Als Politiker können wir nur den Rahmen verbessern. Die Entscheidungen treffen die Geschäftsleute. Wichtig wäre es, wenn sich für das Gebäude, in dem jetzt die Rollbrettunion untergebracht ist, ein Frequenzbringer finden würde. Ich könnte mir auch gut vorstellen, im Cityhochhaus nach dem Auszug von vhs und Musikschule Büros auf Zeit anzubieten wie damals in Gladbach im V16. Das wäre für Rheydt sehr wichtig. Wenn dort junge Selbstständige die ersten Schritte machen, bleiben sie vielleicht auch auf Dauer.

Der Einzelhandel bleibt ein Problem. Womit kann die Rheydter Innenstadt punkten?

Gersmann Die Rheydter City war immer gekennzeichnet durch Spezialgeschäfte. Ich glaube, dass hier auch die Zukunft liegt: in der Spezialisierung und der Beratung.

Es sind viele öffentliche Mittel geflossen, aber nicht alle Immobilieneigentümer ziehen nach.

Gersmann Man sagt, dass öffentliches Geld privates nach sich zieht, aber das geht oft nicht schnell genug. In Rheydt sind viele Wohnungen sanierungsbedürftig. Das Problem ist, dass sie zum Teil ausländischen Fonds gehören, die oft gar kein Interesse an Investitionen haben. Hochwertiges Wohnen und hochwertiger Wohnungsbau in zentraler Citylage wäre auch für Rheydt wichtig, zum Beispiel am Ende der Hauptstraße. Alles wäre von dort aus fußläufig zu erreichen, der Markt wäre ebenso nah wie der Bahnhof oder das Theater.

Wie sinnvoll ist es in diesem Zusammenhang eine rigide Werbeanlagen- und Gestaltungssatzung zu verfolgen statt sich um die echten Probleme zu kümmern?

Gersmann Es ist ein richtiges und wichtiges Ziel, die Rheydter Innenstadt optisch hochwertig und attraktiv zu gestalten. Ich habe auch etwas gegen blinkende Fassaden. Am Markt wurde ein mediterran anmutender Platz geschaffen, die Limitenstraße hat massiv gewonnen. Allerdings sollte man sich nicht allzu dogmatisch verhalten.

Im „Blumenkübel-Drama“ vom Marktplatz scheint es jetzt eine Lösung zu geben. Wie bewerten Sie die und warum wurde so erbittert darauf beharrt, dem Wirt des Ratskellers das Aufstellen zu verwehren?

Gersmann Hätte man direkt auf uns Politiker aus Rheydt gehört, hätte man den Kompromiss viel früher haben können. Ich freue mich aber, dass jetzt auch auf meine Initiative hin Bewegung in die Sache gekommen ist und wir in Zukunft das Problem wahrscheinlich nicht mehr haben werden. Ein Gesamtgrünkonzept für die ganze Stadt ist ein guter Ansatz. 

Das Thema kocht schon lange hoch. Warum haben Sie sich als Bezirksvorsteherin so spät eingeschaltet?

Gersmann Ich habe mich um die Themen gekümmert, die ich für wirklich wichtig halte.

Ist das, was die Bürger bewegt, nicht wichtig?

Gersmann Doch, natürlich. Der Ratskeller ist wichtig für Rheydt und muss bespielt werden. Aber mich hat zum Beispiel die Zukunft des Bahnhofsgebäudes beschäftigt. Es wäre von großer Bedeutung, wenn die Polizei dort einziehen würde. Das würde viele Probleme auf einmal lösen. Allerdings ist das eine Entscheidung des Landes und da brauchen wir ein bisschen Geduld. Als weitere Baustelle in Rheydt sehe ich das Lankes-Gelände, das innerstädtisch anders angebunden und gestaltet werden muss. Ein paar Bäume oder eine Wiese reichen nicht. Wir müssen endlich an die Erschließung herangehen. Dazu wird jetzt ein Prüfauftrag an die Verwaltung ergehen.

Es gibt Probleme am Rheydter Rathaus, wo sich seit einiger Zeit Jugendgruppen aufhalten. Außerdem ist der Tellmannplatz seit langer Zeit schon Treffpunkt von Obdachlosen, Alkohol- und Drogenabhängigen.

Gersmann Das Problem am Rheydter Rathaus ist bekannt, dort sind seit neuestem Streetworker zum Beispiel aus Odenkirchen im Einsatz. Polizei und Kommunaler Ordnungsdienst gehen vermehrt Streife. Am Tellmannplatz müssten endlich Urinale her. Das Café Pflaster an der Brucknerallee ist zu weit weg, wenn Toiletten benötigt werden. Aber dort wird eine eindrucksvolle Arbeit geleistet.

Wächst die Drogenszene in Rheydt? Eltern, die ihre Kinder von der Musikschule oder der Skaterhalle abholen, sind besorgt, weil in der Nähe offen gedealt wird.

Gersmann Ich kann die Besorgnis verstehen, aber das Problem ist bekannt, und die Polizei hat ein Auge darauf. Sie macht einen guten Job dort.

In Odenkirchen wird der Marktplatz umgestaltet. Wie läuft es?

Gersmann Das wurde mit viel Bürgerbeteiligung geplant, und es läuft gut. Odenkirchen hat ein reges Vereinsleben und funktioniert als Stadtteil sehr gut. Allerdings wird sich durch die Abbindung der Autobahn mehr Verkehr durch Odenkirchen bewegen. Das könnte noch ein Problem werden.

Fühlen Sie sich wohl in der Rolle der Bezirksvorsteherin oder würde es Sie reizen, der ganzen Stadt vorzustehen?

Gersmann Das habe ich doch schon getan, da hatte ich ein blaues Kleid an. Im Ernst: Ich könnte es, aber ich müsste darüber nachdenken, ob ich es will. Und es gibt natürlich diverse Leute, die entsprechende Fähigkeiten und Interessen mitbringen.

Das Gespräch führten Gabi Peters, Denisa Richters und Angela Rietdorf.

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