Mönchengladbach Freibadsaison mit Rekordminus

Mönchengladbach · NVV-Hauptabteilungsleiter Armin Marx zeigt die unterschiedlichen Auswirkungen des Wetters auf die Besucherzahlen der Freibäder auf. Er berichtet, wie die Renaturierung des Bungtbaches vorangeht, und welche Maßnahmen vor Überflutungen schützen sollen.

 So voll wie im Juli 2010 war das Freibad Volksgarten in diesem Sommer selten.

So voll wie im Juli 2010 war das Freibad Volksgarten in diesem Sommer selten.

Foto: Markus Rick

Herr Marx, der Sommer bisher ist ja äußerst bescheiden. Welche Auswirkungen hat das auf die Freibadsaison?

 „Normalerweise kommen ungefähr 100.000 Besucher im Sommer ins Volksbad. In diesem Jahr waren es bisher nur 28.000“, sagt Armin Marx, Prokurist und Hauptabteilungsleiter bei der NVV.

„Normalerweise kommen ungefähr 100.000 Besucher im Sommer ins Volksbad. In diesem Jahr waren es bisher nur 28.000“, sagt Armin Marx, Prokurist und Hauptabteilungsleiter bei der NVV.

Foto: Raupold, Isabella

Marx Natürlich spüren wir das deutlich. Wir haben normalerweise ungefähr 100 000 Besucher im Sommer im Volksbad. In diesem Jahr sind es bisher nur knapp 28 000. Das ist ein Rekordminus. Im Supersommer 1973 zum Beispiel zählten wir 230 000 Freibadbesucher.

Könnte ein grandioser Spätsommer es letztlich noch zum Positiven wenden?

Marx Nein, das ist leider ausgeschlossen.

Wie wirkt sich das finanziell aus?

Marx Natürlich haben wir Mindereinnahmen. Aber bei den Freibädern beschäftigen wir — im Gegensatz etwa zu den Hallenbädern — zusätzlich zu wenigen festen Kräften, die im Winter natürlich in der Halle arbeiten, so genannte Honorararbeitskräfte, also zum Beispiel Studenten. Diese Arbeitskräfte können wir bedarfsabhängig einsetzen, da wir mit ihnen keinen festen Arbeitsvertrag schließen.

Besuchen denn aufgrund des schlechten Wetters mehr Menschen die Hallenbäder?

Marx Ja, wir haben beispielsweise im Juli im Vitusbad eine Zunahme der Besucherzahlen von etwa fünf Prozent. Bis Ende Juli hatten wir letztes Jahr ungefähr 200 000 Besucher. Dieses Jahr sind es bereits deutlich über 210 000.

Sind Hallenbäder eigentlich immer ein Zuschussgeschäft?

Marx Ja, das muss man leider so sagen. Für die kaufmännische und technische Betriebsführung der städtischen Hallenbäder zahlt uns die Stadt pro Jahr circa fünf Millionen Euro. Rund 500 000 Menschen besuchen diese Bäder im Jahr. Es besteht daher ein Zuschussbedarf von etwa zehn Euro pro Besucher. Zusätzlich verzeichnen wir in den NVV-Bädern Schlossbad Niederrhein und Volksbad bei einer normalen Freibadsaison nochmals zusätzlich rund 300 000 Besucher pro Jahr.

Derzeit steht eine Reduzierung der Bäderöffnungszeiten zur Debatte. Gibt es überhaupt viele Früh- und Spätschwimmer, die sich über gekappte Öffnungszeiten ärgern könnten?

Marx Ja, durchaus. Wir haben ein Stammpublikum, das insbesondere jeden Morgen zum Beispiel vor der Arbeit die Bäder aufsucht. Zumindest ein Bad im Stadtgebiet muss daher entsprechend früh geöffnet haben.

Sie denken dabei ans Vitusbad?

Marx Ja, weil dort für sportliche Schwimmer mit der 50-Meter-Bahn die besten Bedingungen herrschen.

Wie weit ist die Sanierung des Pahlkebads fortgeschritten? Werden sie den Eröffnungstermin halten können?

Marx Wir sind im Zeitplan. Ende Januar wird es baulich fertig sein. Passend zum Schuljahreswechsel wird es wieder eröffnen. Wir werden insbesondere versuchen, das Pahlkebad abends für den Vereinssport zu nutzen. Wir erhoffen uns dadurch eine deutliche Entzerrung der Situation im Vitusbad. Das Vitusbad wird abends dann wieder in größerem Umfang der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen.

Lange haben die Räume im Vitusbad leer gestanden. Jetzt soll dort bald ein Fitnessclub eröffnen...

Marx Ja, wir sind sehr froh darüber, nach langer Suche einen starken Investor gefunden zu haben. Die schwedische Kette verfügt über 140 Studios in Skandinavien und will im Oktober bereits das Studio im Vitusbad eröffnen. Der Mitgliedsbeitrag wird im mittleren Preissegment liegen. Als Besonderheit jedoch ist die Nutzung des Bades inklusive, so dass wir uns durch dieses Angebot auch eine deutliche Attraktivitätssteigerung des Bades erhoffen. Jedes Mitglied muss allerdings, wenn es das Bad nutzt, mindestens 20 Minuten ebenfalls das Fitness-Studio nutzen. Auf diese Weise schließen wir aus, dass die regulären Preise des Bades umgangen werden.

Thema Fliesen. Im Vitusbad haben sich im 50-Meter-Sportbecken immer wieder Kacheln gelöst.

Marx Das ist ein großes Ärgernis. Wir befinden uns gerade in einem gerichtlichen Beweissicherungsverfahren, um die am Bau beteiligten Firmen bei der erforderlichen Reparatur mit in die Verantwortung nehmen zu können.

Die NVV saniert ständig irgendwo Kanäle. Wie viele Kilometer Kanäle haben wir in Mönchengladbach? Wie alt sind die ältesten Kanäle?

Marx Wir haben ungefähr 1360 Kilometer Kanäle im Stadtgebiet. Die ältesten Kanäle sind über 100 Jahre alt.

Wie viel hat die NVV insgesamt schon für die Kanalsanierung ausgegeben, seitdem sie 1996 das Kanalsystem übernommen hat?

Marx Wir haben auch wegen eines großen Nachholbedarfs in dieser Zeit deutlich über 300 Millionen Euro investiert.

Der Bau des Großprojekts Mischwasser-Entlastungssammler Dahl-Hamern-Neuwerk läuft seit 1997. Kann der Fertigstellungstermin 2013 gehalten werden?

Marx Ja, mit dem Bau des letzten Abschnitts, dem Zuleitungssammler Nordpark, werden wir bis 2013 fertig sein, dann ist der Sammler vollständig in Betrieb.

Was wird sich verbessern?

Marx Wir verhindern zukünftig, dass verschmutztes und belastetes Wasser in die Gewässer gelangt, etwa Bungtbach, Gladbach und Niers. Bei Starkregen wird das Wasser gesteuert und dosiert ans Klärwerk Neuwerk abgegeben. Zudem gewinnen wir rund 80 000 Kubikmeter an Rückhaltevolumen, die bei Starkregenereignissen für eine deutliche Entlastung sorgen.

Ein wichtiges Projekt, in das die NVV involviert ist, ist die Renaturierung des Bungtbaches. Wie ist hier der Stand der Arbeiten?

Marx Der erste Bauabschnitt im Bereich des Volksbades ist baulich abgeschlossen, und es hat sich bereits eine eindrucksvolle grüne Gewässeraue entwickelt. Es läuft gerade das Planfeststellungsverfahren für den zweiten Bauabschnitt zwischen Peter-Krall-Straße und Hardterbroicher Straße. Wir hoffen, im Herbst die erforderlichen Genehmigungen zu bekommen, danach beginnen die Bauarbeiten im Spätherbst dieses Jahres.

Das Renaturierungsprojekt soll auch vor Überflutungen schützen. Hilft das auch bei Starkregenereignissen wie 2008, als beinahe die komplette Stadt unter Wasser stand?

Marx Es bedeutet einen großen Fortschritt und eine deutliche Entlastung bei Starkregen für das östliche Stadtgebiet. Allerdings muss man sagen, das solche Ereignisse wie im Sommer 2008 auch in Zukunft technisch nicht in den Griff zu bekommen sind. Wir hatten bei diesem Regenereignis in 45 Minuten einen Niederschlag, der der Durchschnittsmenge eines ganzen Monats entsprach. Man kann keine Kanalnetze bauen, die für solche Regenmengen ausgelegt sind.

Das Gespräch führten Fabian Eickstädt, Gabi Peters und Jan Schnettler

(RP)
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