Mönchengladbach Fotos von fotografierenden Touristen

Mönchengladbach · Das Künstlerpaar Link & Kress hat Menschen aufgenommen, die sich selbst vor bekannten Sehenswürdigkeiten knipsen. "Sie verhalten sich wie ein Pfau, der sein Rad schlägt", sagen die beiden. Ihre Arbeiten zeigen sie im Projektraum EA71.

 Die beiden Mönchengladbacher Künstler Anna E. Link und Marc-Daniel Kress sind seit etwa sechs Jahren auf der "Jagd". Ihre "Beute" zeigen sie im EA71.

Die beiden Mönchengladbacher Künstler Anna E. Link und Marc-Daniel Kress sind seit etwa sechs Jahren auf der "Jagd". Ihre "Beute" zeigen sie im EA71.

Foto: Ilgner

Da gibt es diese eine lebensechte Skulptur des amerikanischen Bildhauers Duane Hanson. Sie zeigt zwei amerikanische Touristen, die zum Inbegriff des Tourismus (amerikanischer Prägung) werden konnten. Mit Taschen und Fotoapparaten bepackt, übergewichtig stehen sie da und schauen fast teilnahmslos in der Gegend herum.

Und dann entdeckt man in der Serie "Tourist" des Fotografenpaars Link & Kress dieses Bild, das die Erinnerung an die Skulptur wachruft: Es zeigt ein (leicht übergewichtiges) Paar, mit Taschen und Fotoapparat ausgerüstet. Sie fotografiert, was natürlich dazu führt, dass von ihrem Gesicht nur das sichtbar ist, was zwischen Hand und Apparat liegt, er blickt liebevoll auf Frau und Kamera. Beide stehen vor einem alten Gemäuer. 30 Jahre liegen zwischen diesen beiden Darstellungen von Touristen, und offensichtlich hat sich wenig geändert. Im Gegenteil.

Die beiden Mönchengladbacher Künstler Anna E. Link und Marc-Daniel Kress sind seit etwa sechs Jahren auf der "Jagd". Ihre "Beute" zeigen sie im EA71: fotografierende Touristen, insbesondere diejenigen, die Selfies machen. Es gebe ganz bestimmte Plätze, an denen sich große Menschenmassen einfinden, um genau das zu fotografieren, was schon tausende Male aufgenommen wurde. Das Kolosseum in Rom zum Beispiel, der Aachener Dom, ein Platz in Brügge. Hier finden Link & Kress ihre Motive. Die Menschen, vor allem die, die Selfies machen, verhalten sich "wie ein Pfau, der sein Rad schlägt - sie nehmen die Welt nicht mehr wahr", beschreibt Kress seine eigene Wahrnehmung. Und Link fügt hinzu: "Da gibt es diesen Moment: noch hängen die Mundwinkel, plötzlich heben sie sich zu einem strahlenden Lächeln, wenn das Handy das Selfie aufnimmt."

Eine Selbstinszenierung an öffentlichen Plätzen, die erstaunlich intim ist. Link & Kress nehmen die Menschen auf, wie sie sind. Nichts ist gestellt in diesen Schwarz-Weißen Fotos. Aber auch das gibt es: die älteren Männer und Frauen, gut gekleidet, die sich, mit einer Kamera ausgerüstet, durch die Welt fotografieren. Ein "Opfer der Miniaturisierung" der Kameras nennt Kress diese Menschen, die kaum das Display ihrer Kamera erkennen können.

In einer zweiten Serie zeigen die Fotografen ein Ausflugsboot in Brügge. Auf einer Brücke stehend hält die Kamera die in den Booten Sitzenden fest, die an genau dieser Stelle vom Kapitän auf das gotische Fenster einer Kirche aufmerksam gemacht werden. Was man vor diesen wunderbaren Bildern anstellen könnte: Soziologische Studien über Wahrnehmung, über Interesse an touristischen Details, über das Verhalten von Menschen in Gruppen, über die Anpassung von Menschen an Wetterlagen. Absolut sehenswert ist diese Ausstellung - und ein bisschen wie ein Spiegel, der den Galeriebesuchern vorgehalten wird.

Die Ausstellung wird am Samstag, 28. Oktober, um 19 Uhr eröffnet. Danach ist sie bis zum 19. November samstags und sonntags von 12 bis 16 Uhr im Projektraum EA71, Eickener Straße 71, zu sehen.

(RP)
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