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Leverkusen So gut verdienen Aufsichtsräte

Leverkusen · Das Aufsehen um die teils fragwürdigen Einkünfte von Polizeigewerkschafter Rainer Wendt dieser Tage lenkt die Aufmerksamkeit auch auf diese Frage: Was verdienen eigentlich Aufsichtsräte? Auf den ersten Blick in den Geschäftsberichten der Großkonzerne eine Menge.

Die Summen, die unterm Strich stehen, liegen meist in Bereichen, da kommt der Jahresverdienst von Otto Normalverbraucher nicht ran. Dennoch: Aufsichtsräten von Weltkonzernen wie Bayer, Lanxess und Co. vorzuwerfen "die kriegen für ein paar Treffen im Jahr wahnsinnig viel Geld" - so simpel ist die Sache nicht. Einer, der das Thema seit Jahren als Beobachter verfolgt, ist Rechtsanwalt Marc Tüngler, Geschäftsführer des Vereins Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Wenn ich meine Reden, die ich bei Aktionärshauptversammlungen halte, über die Jahre vergleiche, unterscheiden sie sich im Adressaten: Früher habe ich Fragen nur an den Vorstand gerichtet, heute gehen 50 Prozent an den Aufsichtsrat", sagt er. Vom Gesetzgeber seien Aufsichtsräten in den letzten Jahren viel mehr Aufgaben übertragen worden. "Das ist kein Debattierklub, der bei einem Kaffee ein bisschen übers Unternehmen plaudert."

Die Frage "Wann ist genug genug?" kennt Tüngler. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. "Natürlich sagen wir vom DSW, dass 500.000 Euro maximal reichen müssen. Aber uns geht es vielmehr um eine gerechte Bezahlung der Aufsichtsräte nach dem Arbeits- und Aufwandspensum, also eine nicht so hohe Grundvergütung plus eine aufgabenbezogene Vergütung statt einer ergebnisbezogenen Vergütung. Tüngler: Wenn jemand im Prüfungsausschuss eines Aufsichtsrats sitzt, sich mit Zahlen, Risiken, interner Revision beschäftigt, "braucht er gut zwei Tage Vorbereitungszeit, muss einen halben Meter Papier durchackern. Diese Mehrarbeit im Vergleich zu einem einfachen Aufsichtsratsmitglied muss honoriert werden."

Dass Prüfungsausschuss-Mitglieder besonders honoriert werden, hat etwa der Bayer-Konzern in seiner Satzung festgezurrt. Da hießt es unter anderem: "Der Aufsichtsrat besteht aus 20 Mitgliedern. Zehn Mitglieder werden von der Hauptversammlung nach den Bestimmungen des Aktiengesetzes, zehn von den Arbeitnehmern nach den Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes vom 4. Mai 1976 gewählt." Der Aufsichtsrat habe zwei Sitzungen im Kalenderhalbjahr abzuhalten. Dazu kommen Sitzungen, wenn es gesetzlich erforderlich oder geschäftlich angezeigt sei. Und zur Vergütung: "Jedes Mitglied. . . erhält eine jährliche feste Vergütung von Euro 120.000. Für die Tätigkeit in den Ausschüssen des Aufsichtsrats erhalten die Mitglieder des Aufsichtsrats eine zusätzliche Vergütung." Für den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses zahlt der Konzern 120.000 Euro, die übrigen Mitglieder bekommen 60.000. Für andere Ausschüsse erhalten die jeweiligen Vorsitzenden die Hälfte, nämlich 60.000 Euro, die übrigen 30.000 Euro. Es gilt: "Ausschusstätigkeiten werden für höchstens zwei Ausschüsse berücksichtigt, wobei bei Überschreiten dieser Höchstzahl die zwei höchst dotierten Funktionen maßgeblich sind", heißt es weiter. Für die persönliche Teilnahme an einer Präsenzsitzung des Aufsichtsrates und der Ausschüsse gibt es ein Sitzungsgeld von 1000 Euro. Finden mehrere Sitzungen an einem Tag statt, wird nur einmal Sitzungsgeld gezahlt.

Werner Wenning als Aufsichtsratschef erhält jährlich eine feste Vergütung von 360.000 Euro, sein Stellvertreter, das ist Gesamtbetriebsratschef Oliver Zühlke, 240.000 Euro. "Damit sind auch die Übernahme von Mitgliedschaften und Vorsitzen in Ausschüssen abgegolten", besagt die Satzung. Zühlke mochte sich zum Thema Aufsichtsratsvergütung trotz mehrfacher Anfrage unserer Redaktion nicht äußern.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) aber, dessen Vorstand Reiner Hoffmann im Aufsichtsrat bei Bayer sitzt, macht auf einen Fakt aufmerksam: Gewerkschaftsmitglieder in Aufsichtsräten dürfen nicht die komplette Summe behalten, sondern müssen einen Großteil abführen. Für einfache Aufsichtsratsmitglieder gilt seit 2016: "Von den Beträgen der Aufsichtsratsvergütungen sind bei Vergütungen bis zu 5000 Euro im Jahr pro Aufsichtsratsmandat zehn Prozent der Vergütung abzuführen. Bei Vergütungen über 5000 Euro sind. . . 90 Prozent der über 5000 Euro liegenden Vergütungsbestandteile abzuführen." Das Geld, was die Gewerkschafter abgeben müssen, geht "ausschließlich an die Hans-Böckler-Stiftung oder ähnliche gemeinnützige Einrichtungen". Sitzungsgelder bis zu 2000 Euro seien abführungsfrei. Von den 137.000 Euro, die Hoffmann für 2016 von Bayer überwiesen bekommen hat, bleibt ihm so nur ein Minimum.

Bei Lanxess, das Anfang der 2000er Jahre aus Bayer hervorging, sieht die Aufsichtsratsvergütung so aus: Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten eine jährliche Festvergütung von 80.000 Euro. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats erhält das Dreifache, der Stellvertreter das Eineinhalbfache. Wer einem Ausschuss angehört, erhält "zusätzlich ein Halb der festen Vergütung. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses erhält zusätzlich ein weiteres Halb der festen Vergütung." Wer in einem anderen Ausschuss den Vorsitz führt, bekommt zusätzlich ein Viertel der Festvergütung. "Insgesamt erhält ein Mitglied des Aufsichtsrats jedoch maximal das Dreifache der Festvergütung", besagt die Lanxess-Satzung. Lanxess zahlt 1500 Euro Sitzungsgeld - Und: " Ferner erhalten die Aufsichtsratsmitglieder eine langfristige, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete variable Vergütungskomponente."

Sie werde aber nicht jedes Jahr gezahlt, sondern nur einmal zum Ende der gewöhnlichen Mandatszeit eines Aufsichtsratsmitglieds, also nach fünf Jahren. Und ob sie überhaupt ausgezahlt wird, hängt "davon ab, wie sich der Aktienkurs von Lanxess im Vergleich zum Dow Jones STOXX 600 ChemicalsSM in den fünf Jahren vom Beginn des Mandats bis zum Ende des Mandats eines Aufsichtsratsmitglieds entwickelt". Ist er besser als der Index, wird die Vergütung gezahlt. " Im Geschäftsjahr 2016 kam es zu keiner Auszahlung der variablen Vergütung", heißt es bei Lanxess.

(RP)
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