Leverkusen Der neue Weg der katholischen Kirche

Leverkusen · Erzbischof Rainer Maria Woelki hat es in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit auf den Punkt gebracht: Die Kirche will sich nicht länger von ihren Immobilien leiten lassen, wie sie Glauben verkündet und lebt. Sowohl das Erzbistum als auch Leverkusener Pfarrer stellten gestern klar, dies sei nicht der Auftakt zu Kirchen-Schließungen.

 Stammt aus dem Jahr 1965, ist aber auch heute noch brandaktuell: Diese Aussage des Zweiten vatikanischen Konzils ist zurzeit an der Baustelle des Kölner Doms zu lesen.

Stammt aus dem Jahr 1965, ist aber auch heute noch brandaktuell: Diese Aussage des Zweiten vatikanischen Konzils ist zurzeit an der Baustelle des Kölner Doms zu lesen.

Foto: US

Auf der Bahnhofsseite des Kölner Domes ist seit einigen Tagen ein Plakat angebracht, auf dem aus der "Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen" des Zweiten Vatikanischen Konzils zitiert wird: Da steht nun für jedermann zu lesen "Die Kirche verwirft jede Diskriminierung eines Menschen und jeden Gewaltakt gegen ihn um seiner Rasse oder Farbe, seines Standes oder seiner Religion willen, weil dies dem Geist Christi widerspricht." Es ist ein klares Bekenntnis des Domkapitels und des Kölner Erzbischofs Kardinal Rainer Maria Woelki, Forderungen nach Einschränkung der Religionsfreiheit entgegenzutreten.

So konsequent der neue Kölner Oberhirte bei diesem Thema Schwerpunkte setzt, so tut er dies zurzeit auch in einem anderen Bereich - der Verkündigung des Glaubens. Mit seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit hatte Woelki am Wochenende große Beachtung gefunden. Darin wird unter anderem eine grundlegende Umgestaltung der Gemeindestruktur angekündigt - weg von der auf Kirchengebäude bezogenen Glaubensvermittlung, hin zu den Menschen an ihren jeweiligen Aufenthaltsorten, sei es der Arbeitsplatz oder die Fußgängerzone.

In der Pressestelle des Kölner Erzbistums war man gestern sehr darum bemüht, deutlich zu machen, dass dies nicht der Auftakt zu flächendeckenden Kirchenschließungen sei: "Wir haben kein solches Konzept in der Schublade", hieß es auf Anfrage. Woelki versuche aber, den Pastoralplan an die Gegebenheiten anzupassen: "Wie können wir eine geringere Zahl von Priestern und Laienseelsorgern so verteilen, dass wir als Kirche möglichst auch in der Fläche präsent bleiben? Wir müssen auch Menschen in den Gemeinden so ausbilden, dass der Glaube weitergetragen wird und lebendig bleibt."

 Woelki beim Obdachlosen-Frühstück der Malteser in Köln.

Woelki beim Obdachlosen-Frühstück der Malteser in Köln.

Foto: erzbistum

Ralf Hirsch steht voll hinter diesem Konzept. "Nicht die Immobilien sollten bestimmen, was Kirche tut", sagt der für Wiesdorf zuständige Pfarrer. "Wir müssen mit den Menschen ein Stück ihres Weges gemeinsam gehen. Das erreicht man nicht, indem man sagt: Unsere Tür steht offen, kommt einfach vorbei."

In Wiesdorf hat die Gemeinde unter anderem den Laden "Einfach da" gegründet - mitten in der Fußgängerzone in den Räumen eines ehemaligen Trekking-Geschäfts, das "Einfach weg" hieß. Dort gibt es Veranstaltungen, aber auch an diversen Tagen in der Woche die Möglichkeit, Begegnung zu erfahren. Viele ehrenamtliche Kräfte bieten dort Gespräche über den Glauben oder die persönliche Lebens-Situation an - aber auch wer einfach nur mal ein paar Minuten in Ruhe gelassen werden und einen Rückzugsraum finden möchte, sei herzlich willkommen. Für Hirsch ist klar: "Wir müssen uns an Menschen orientieren, nicht an den Gebäuden."

Das sieht Stadtdechant Heinz-Peter Teller genauso. Daher ist der Hirtenbrief des Kardinals für ihn auch keine Überraschung. Vieles von dem, was darin stehe, sei in Leverkusen bereits gelebte Praxis. Dass Woelki solche Schwerpunkte betont und transparent macht, gefällt Teller allerdings sehr. Auch das Anti-Diskriminierungs-Plakat am Dom habe der Kardinal zuvor im Kreis der Dechanten diskutiert, verrät er.

(RP)
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