Leverkusen Brandanschlag: Täter sind voll schuldfähig

Leverkusen · "Für den Angeklagten sind alle anderen entweder Dummköpfe oder Sündenböcke. In anderen Kategorien denkt er nicht." Beim Prozess um den Brandanschlag auf ein Haus der Großfamilie Goman im vergangenen Jahr kam gestern der psychiatrische Gutachter zu Wort. Dabei bescheinigte er dem älteren der beiden Beschuldigten (23) die Gefahr einer "deutlichen dissozialen Entwicklungsstörung".

Brandanschlag auf Mehrfamilienhaus in Leverkusen
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Brandanschlag auf Mehrfamilienhaus in Leverkusen

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Auf Nachfrage bestätigte er, dass man dies auch "psychopathisch" nennen könnte — "ich will die Diagnose-Tür aber nicht komplett schließen".

Prall gefülltes Vorstrafenregister

Die Beamten in der Haftanstalt würden sagen, er sei "der beste Hausverwalter aller Zeiten", hatte der 23-Jährige dem Experten stolz erklärt. Seine Zelle habe er "wie ein Wohnzimmer" eingerichtet, er fühle sich "wohl und geborgen". Der Gutachter bescheinigte ihm "eine Cleverness, die die Instrumentalisierung des Gegenüber zum Ziel hat". Den Brandanschlag habe er nicht aus dem Affekt heraus begangen, sondern aus anhaltendem Ärger, Enttäuschung und der Wut, von der Familie (Goman, Anm. d. Redaktion) wie ein naives Kind behandelt worden zu sein. Somit sei er voll schuldfähig.

Auch zum mittlerweile 18-jährigen zweiten Beschuldigten sagte der Gutachter aus. Aus kindlicher Naivität habe er sich von dem 23-jährigen Mitangeklagten blenden lassen. "Seine Eloquenz, sein Glamour, die Geldscheine — all das hat anziehend gewirkt", erklärte der Experte. In seiner Kindheit und Jugend sei der Beschuldigte weitgehend sozial isoliert gewesen, "es hat nie jemand richtig auf ihn geguckt". Auch er sei aber in der Tatnacht voll schuldfähig gewesen. Die Expertin der Jugendgerichtshilfe merkte an, der nicht vorbestrafte 18-Jährige sei "vom Erwachsenwerden weit entfernt". Sie schlug eine Bewährungsstrafe vor — mit Unterbringung in einer Art Internat.

Das Vorstrafenregister des 23-jährigen Angeklagte dagegen ist prall gefüllt — vor allem mit Strafsachen wegen Bedrohung, Beleidigung, Körperverletzung. Vier Straftaten konnten wegen seiner Inhaftierung nach dem Brandanschlag nicht verhandelt werden. Zur Anklage wegen versuchten Mordes kommt für beide außerdem noch Körperverletzung hinzu — ein Mitglied der Familie hatte sich beim Löschversuch am Bein verletzt.

(RP)
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