Engagierter Kinderarzt in Krefeld Stolperstein erinnert an NS-Opfer Kurt Hirschfelder

Krefeld · Der Kinderarzt hat sich vor 80 Jahren mit seiner Dienstwaffe aus dem Ersten Weltkrieg erschossen. Als Jude drohte ihm die Deportation. Er hat Spuren in Krefeld hinterlassen, vor allem für die Kindermedizin.

 Ein Porträt von Hirschfelder wurde bei der Stolpersteinverlegung aufgestellt.

Ein Porträt von Hirschfelder wurde bei der Stolpersteinverlegung aufgestellt.

Foto: Stadt Krefeld/Jochmann, Dirk (dj)

(ped) Nach Kurt Hirschfelder sind eine Straße und ein Platz in der Innenstadt benannt. Eine Gedenktafel in der Kinderklinik des Helios würdigt ebenfalls sein Wirken. Jetzt erinnert auch ein Stolperstein  an den in der NS-Zeit verstorbenen Krefelder Kinderarzt Kurt Hirschfelder. Er ist in Höhe des Ostwalls 142 vor der neuen Passage verlegt worden - am 29. Oktober.

Das Datum ist kein Zufall. Vor 80 Jahren, am 29. Oktober 1941, hat Hirschfelder sich das Leben genommen. Er erschoss sich mit seiner Dienstwaffe aus dem Ersten Weltkrieg. Er hatte erfahren, dass er deportiert werden sollte.  Als Arzt jüdischen Glaubens hatte Hirschfelder Repressalien und Drangsalierungen durch das NS-Regime erleiden müssen - und Berufsverbot erhalten.

 An der Gedenkfeier zur Verlegung des Stolpersteins nahmen Oberbürgermeister Frank Meyer und Sandra Franz, Leiterin der NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer, teil sowie Sibylle Kühne-Franken (Vorsitzende des Fördervereins Villa Merländer), Thomas Siegert (Vorstand der Wohnstätte) und Tim Niehues (Chefarzt des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin). Meyer erinnerte an zahlreiche Verdienste und Spuren, die Hirschfelder in der Stadt hinterlassen hat. 

OstwalI 148 war mehr als 30 Jahre lang die Adresse von Hirschfelder, hier wohnte er, hier hatte er seine Praxis.  „An Hirschfelders Biografie lässt sich die perfide und menschenverachtende antisemitische Politik der Nationalsozialisten besonders gut nachvollziehen. Er war eine hochgradig relevante Person für die Krefelder Stadtbevölkerung für mehrere Jahrzehnte und wurde systematisch ausgegrenzt und letztendlich in den Selbstmord getrieben“, so Sandra Franz, die Hirschfelders Biografie zusammenfasste.

Am 11. März 1878 wurde er in Rexingen/Württemberg als Sohn des Kaufmanns Max Hirschfelder geboren worden war. Nach dem Abitur in Tübingen studierte er in Freiburg, München und Berlin Medizin. Als Facharzt für Kinderkrankheiten ließ sich Dr. Hirschfelder im April 1906 im Haus Ostwall 148 nieder. 1908 war er ehrenamtlich in der Mütterberatungsstelle tätig; mit dem Krefelder Frauenverein und dem Verein für Säuglingspflege arbeitete er eng zusammen. So konnte 1914 ein Säuglingsheim im Haus Petersstraße 71 eröffnet werden, dessen medizinischer Leiter er wurde.

Im Ersten Weltkrieg diente Hirschfelder als Oberstabsarzt und wurde mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Krefeld wurde er jedoch als Schul- und Fürsorgearzt entlassen. Er verlor seine Aufgabe im Säuglingsheim, bekam dort Hausverbot, der Doktortitel wurde aberkannt. Obwohl er nur noch jüdische Patienten behandeln durfte, hat er der Gefahr zum Trotz in Notlagen auch nichtjüdischen Kindern geholfen.

Im Dezember 1938 zog er in ein sogenanntes Judenhaus an der Hohenzollernstraße 46, im August 1941 wurde sein Umzug ins „Judenhaus“ Westwall 50 erzwungen. Hirschfelder war nicht verheiratet. Mit ihm zusammen ging sein Diener Simon Friedemann, der zuvor, bis 1940, für den Kompagnon von Richard Merländer, Hermann Heymann, gearbeitet hatte. Friedemann wurde bei der ersten Deportation nach Litzmannstadt  am 25. Oktober 1941 verschleppt. Da sah Hirschfelder wohl für sich keinen Ausweg mehr.

(ped)
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