Konzerte in Krefeld Musik aus dem Zentrum der Hölle

Krefeld · Ein Konzert im Theaterfoyer heute Abend erinnert an Komponisten, die im KZ umgebracht worden sind.

 Der Eingang zum KZ Auschwitz.  Im Lager sind auch zahlreiche Komponisten ermordet worden.

Der Eingang zum KZ Auschwitz. Im Lager sind auch zahlreiche Komponisten ermordet worden.

Foto: dpa/Jacek Bednarczyk

Musik, die niemals geschrieben wurde, kann tief unter die Haut gehen. Wie der vierte Satz aus der Klaviersonate 1943 von Gideon Klein. Denn es gibt nur wenige Takte, der Komponist hat sein Werk nicht vollendet: Klein hat die Sonata im KZ Theresienstadt geschrieben. Vor der Fertigstellung wurde er nach Auschwitz deportiert. Wie so viele jüdische Komponisten überlebte er das Regime der Nazis nicht. Bernhard Petz, Tubaspieler bei den Niederrheinischen Sinfonikern, hat mit Musikerkollegen ein Gedenkkonzert zusammengestellt, das an die im KZ ermordeten Komponisten erinnert. Heute Abend spielen, wie berichtet, Darío Portillo Gavarre, Anna Maria Brodka, Noh Yun Kwak, Laura Krause und Konrad Philipp von den Niederrheinschen Sinfonikern und Michael Preiser, Leiter des Opernchores, Werke von Gideon Klein, Pavel Haas, Leo Smit und Hans Krása. Das Konzert beginnt um 20 Uhr im Glasfoyer des Theaters.

Kleins Sonata 1943 eröffnet das Konzert. „Mit dem Streichquartett Nr. 3 von Pavel Haas begegnen wir danach einem Meisterschüler von Leoš Janáček. Wie viele andere Komponisten seiner Generation zeigte auch er ein starkes Interesse an den Möglichkeiten des neuen Mediums Jazz“, berichtet Petz. „Die deutsche Besetzung der Tschechoslowakei am 15. März 1939 war für Pavel Haas der Beginn des Endes. Er wurde in das KZ Theresienstadt und später nach Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde. Das dritte Streichquartett entstand in dem schicksalhaften Jahr1937/38, als die Tschechoslowakei von den Kräften des Faschismus bedroht war. Die Intensität dieser Erfahrung spiegelt sich in einem der besten Werke von Haas wider.“

Auf Vorschlag von Michael Preiser kam die Flötensonate von Leo Smit ins Programm. Der Niederländer  Smit wurde am 27. April 1943 mit seiner Frau ins Todeslager Sobibor deportiert. Sie wurden am 30. April 1943 ermordet. Nur wenige Monate zuvor hatte Smit das Lento seiner Sonate für Flöte und Klavier beendet, „ein Meisterwerk, das zu Recht als einer der schönsten Beiträge zum Flötenrepertoire des 20. Jahrhunderts bezeichnet werden kann“, findet Petz.

Den Abschuss des Konzerts bilden Passcaglia und Fuge von Hans Krása. Es ist seine letzte vollendete Arbeit. Der gebürtige Tscheche war eines der führenden Talente einer von Mahler, Schönberg und Zemlinsky inspirierten Komponistengeneration. Seine Kinderoper Brundibár aus dem Jahr 1938 wurde in den späten 70er Jahren wiederentdeckt und ist sein bekanntestes Werk. In Theresienstadt wurde die Kinderoper 55 Mal aufgeführt. Krása hat im Ghetto eine neue Fassung geschrieben. Die Rollen –  bis auf die Titelrolle, den Leierkastenmann Brundibár – haben Kinder übernommen. Am 16. Oktober 1944 wurde Krása gemeinsam mit den Komponisten Gideon Klein, Viktor Ullmann und Pavel Haas nach Auschwitz deportiert und zwei Tage später in den Gaskammern getötet.

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