Rp-Sommerserie Unternehmer Am Niederrhein (folge 12) Seifert-Orgeln - berühmt wie die Basilika

Kleve · Die bekannte Orgel in Kevelaers Wallfahrtskirche stammt aus der Werkstatt von Romanus Seifert. Die existiert seit 1904 in der Marienstadt und baut Instrumente für Kirchen überall in Deutschland und in vielen anderen Ländern.

 Blick in die berühmte Kevelaerer Basilika mit der bekannten Seifert-Orgel, die schon Generationen von Pilgern bewundert haben.

Blick in die berühmte Kevelaerer Basilika mit der bekannten Seifert-Orgel, die schon Generationen von Pilgern bewundert haben.

Foto: Seybert, Gerhard (seyb)

Dass eine der namhaftesten Orgelbau-Werkstätten Deutschlands sich in Kevelaer ansiedelte, ist das Verdienst Bertram Brockes, des damaligen Wallfahrtsrektors. Er hatte im Jahr 1904 die Vergabe des Auftrags einer Orgel für die Basilika an St. Marien an die Bedingung geknüpft, dass das Unternehmen eine Niederlassung in der Marienstadt haben müsse. Andere große Orgelbauer waren zu diesem Schritt nicht bereit.

 Orgelbauer Roman Seifert, der Chef des Kevelaerer Unternehmens, bläst eine Orgelpfeife an.

Orgelbauer Roman Seifert, der Chef des Kevelaerer Unternehmens, bläst eine Orgelpfeife an.

Foto: Gerhard Seybert

Ernst Seifert aus Köln schon. Der seit 1885 in Köln selbstständige Meister hatte drei Söhne, die das kunstvolle Handwerk ebenfalls erlernt hatten und ehrgeizig waren. Der Vater ging auf den Kevelaerer Handel ein und baute die große Seifert-Orgel, die zu jener Zeit die größte in Deutschland war. Das heutige Unternehmen "Orgelbau Romanus Seifert & Sohn" hat sich nach dem Mann benannt, in dessen Hände Ernst Seifert die Kevelaerer Filiale legte.

Wohl jedem, der auf der B9 durch Kevelaer fährt, fällt das klotzige und ungewöhnlich hohe, mehrfach erweiterte Backsteingebäude gleich an der Bundesstraße auf. Von innen ist der neugotische Einrichtungsstil aus der Entstehungszeit erhalten. Die Werkstatt selbst sieht auf den ersten Blick wie eine große Schreinerei aus. Mit Holz wird dort tatsächlich viel gearbeitet — sowohl für das Gehäuse als auch für die Klanghölzer wird Holz benötig. Für die Pfeifen kommen allerdings Zinn und Blei hinzu, außerdem Leder und Pergament.

Von der Projektierung des Instrumentes am späteren Einsatzort über das Intonieren der Pfeifen bis zum Abstimmen von Tasten, Spielventilen und Registern vergeht mindestens ein Jahr.

Das ist heute kaum anders als vor 100 oder mehr Jahren. Noch immer ist der Orgelbau fast ausschließlich Handarbeit. Daran hält auch die jüngste Erbauer-Generation fest. "Nur, wo es auf äußerste Präzision und Langlebigkeit ankommt, unterstützt modernste Technologie das Handwerk", erklärt Roman Seifert, der heutige Chef.

Gegründet hatte Ernst Seifert, der eigentlich einen anderen Beruf erlernt hatte und erst auf der Wanderschaft zum Orgelbauen kam, das Unternehmen 1885. Gelernt hatte der gebürtige Thüringer die Kunst bei Meistern in Chemnitz und Dresden. Seine drei Söhne führten später die Niederlassungen Köln, Bergisch-Gladbach und Kevelaer. Nur letztgenannte blieb erhalten und wird heute in der fünften Generation von Roman Seifert geleitet.

Der 37-Jährige kennt seinen Urgroßvater, dessen Namen er (fast) fortführt, nur aus Erzählungen. "Mein Ur-Opa war noch ,eine echte kölsche Jung', der zum Karneval in die Heimat reiste. Auf dem Dachboden des Betriebs hielt er Brieftauben", hat Roman Seifert über seinen Vorfahren erfahren. Auch, dass er während des Zweiten Weltkriegs Schreibtische als "kriegswichtige Güter" produzieren musste und die Werkstatt nach dem Einmarsch britischer und amerikanischer Truppen zum Lebensmittellager wurde. "Großvater soll immer betont haben, dass er deswegen für seine Familie nicht ein Stück Butter mehr bekam als andere Leute", hat sich der Urenkel gemerkt.

Sowohl der Großvater, als auch der Vater des heutigen Firmenchefs hießen Ernst, wie der Unternehmensgründer. Roman Seifert ist in der Tradition der Orgelbauer-Familie aufgewachsen und braucht noch lange nicht darüber nachzudenken, wie es irgendwann mal weitergeht.

Nicht nur überall in Deutschland, auch in vielen anderen Ländern stehen Seifert-Orgeln. Neben dem Neubau gehören auch Restaurierungen und Umbauten zum Leistungsspektrum.

(RP)
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