Kreis Kleve Hochwasser: Mehr Raum für die Niers

Kreis Kleve · Die sintflutartigen Regenfälle in Teilen Deutschlands geben dem Niersverband Anlass, auf die Notwendigkeit von Retentionsräumen hinzuweisen. "Bei ähnlich viel Regen bliebe auch hier kein Haus trocken", sagt der Verbandschef.

 Ausreichende Retentionsflächen sollen der Niers im Fall von Hochwasser mehr Raum geben.

Ausreichende Retentionsflächen sollen der Niers im Fall von Hochwasser mehr Raum geben.

Foto: Niersverband

"Würde am Niederrhein die Wassermenge fallen, die jetzt im Bereich der Oder fällt, würde das gesamte flache Land unter Wasser stehen", sagt Prof. Dietmar Schitthelm, der Vorstand des Niersverbands. Dass die Niers im jährlich wiederkehrenden Normalfall so beschaulich über die Ufer tritt, hat auf die meisten Bewohner der Städte und Dörfer entlang des Flüsschens keine Auswirkung. Sich deshalb in Sicherheit zu wiegen, wäre jedoch leichtsinnig, mahnt Schitthelm. "Wenn bei uns an einem Tag 150 Liter auf den Quadratmeter fielen, wie es im Osten und in Bayern geschehen ist, würde uns das gleiche Schicksal ereilen."

Das Problem unserer Region: Ohne nennenswertes Gefälle kann Wasser, das über die Ufer tritt, nicht abfließen. Es staut sich im Ernstfall zwar nicht meterhoch, überschwemmt aber weite Flächen. "Kein Haus im Flachland würde trocken bleiben", sagt Schitthelm. Der Hydrologe betont, dass die Regenmenge, die etwa in Sachsen fiel – in einigen Orten innerhalb vier Tagen 400 Liter auf den Quadratmeter – absolut ungewöhnlich ist und eher 1000- als 100-jährig vorkomme. "Aber wann es wo wieder passiert, ist nicht zu prognostizieren." Die Wetterlage, die jetzt zur Katastrophe führte, sei für den Niederrhein nicht typisch, und auch diejenige, die vor wenigen Jahren für Bergrutsche in Norditalien und Südfrankreich sorgte, sei hier kaum zu erwarten. "Aber die klimatologischen Veränderungen lassen auch Unerwartetes möglich erscheinen."

Zumal im Flachland alles Wasser, das nicht abfließen könne, stehenbleibe – und dann sind auch zehn Zentimeter schon sehr unwillkommen. Bei 40 Zentimetern auf den Quadratmeter könnten laut Schitthelm gerade mal fünf Zentimeter über die Niers und deren Kanäle Richtung Maas transportiert werden. Der Rest würde sich über den Niederrhein ausbreiten.

"Deshalb sind wir seit Jahren intensiv damit befasst, Volumen zu schaffen. Unter dem Motto ,Mehr Raum für den Fluss' entstehen durch die Verlagerung der Ufer nach außen Ersatz-Auen."

Die Fläche zwischen den neuen Ufern und dem alten Lauf des Flusses wird ausgebaggert, so dass die "Rinne" im Ernstfall deutlich mehr Wasser fassen kann. Allerdings nie so viel, dass es für Regenmengen wie aktuell im Süden und Osten reichen würde. "Gegenüber solchen Ereignissen sind wir allerdings machtlos", sagt der Chef-Hydrologe des Niersverbands.

Umso wichtiger ist es, zumindest für mittlere Hochwasser gerüstet zu sein. "Dafür müssen wir den Landwirten entlang der Niers Flächen abkaufen, um dort Stauraum für das Wasser zu schaffen."

Doch die Bauern leben von ihrer Fläche, was die Verhandlungen schwierig und teuer mache. Zur Finanzierung (auch der Kläranlagen und Regenrückhaltebecken) steht dem Verband die Umlage der Anliegergemeinden zur Verfügung. "Dabei versuchen wir, den Beitrag für die Zahlungspflichtigen stabil zu halten", erläutert Prof. Dietmar Schitthelm.

Aktuell entstehen (oder sind in Planung) Renaturierungen in Geldern bei Haus Golten, im Binnenfeld bei Kevelaer und zudem auch in Süchteln, Grefrath und Mönchengladbach.

(RP)
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