Kempen Neues Konzept für die Kempener Altstadt

KEMPEN · In Kempen hat es mehrere Fälle gegeben, bei denen der Denkmalschutz an baurechtliche Grenzen gestoßen ist. Die Politik will daher, dass historische Bausubstanz und städtebauliche Zielsetzung in ein neues Konzept gegossen werden.

 Für die Kempener Altstadt soll ein neues städtebauliches Entwicklungskonzept erstellt werden.

Für die Kempener Altstadt soll ein neues städtebauliches Entwicklungskonzept erstellt werden.

Foto: Kaspar Müller-Bringmann

Für die historische Altstadt von Kempen soll ein neues städtebauliches Entwicklungskonzept her. Das hat die Politik einstimmig auf Antrag der SPD-Stadtratsfraktion in den zuständigen Fachausschüssen beschlossen. Die beiden Gremien waren zuletzt mit mehreren Fällen von Neubauvorhaben befasst, die unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes nicht unumstritten, aber aufgrund der geltenden Bebauungspläne rechtlich zulässig waren.

Als ein prominentes Beispiel sei der geplante Neubau an der Ellenstraße 15 genannt, bei dem Stadtverwaltung, Politik und Investor erst nach mehrmaligen Diskussionen zu einer gangbaren Lösung gefunden hatten. Gleichwohl gefällt die beschlossene Variante für das geplante neue Wohn- und Geschäftshaus nicht jedem Politiker. Der Fall machte aber deutlich, wie schwierig es zunehmend wird, die Interessen von Bauherren, Denkmalschutz und Baurecht unter einen Hut zu bringen.

Auslöser der neuen Denkmaldiskussion in Kempen war vor einigen Jahren der geplante Abriss des unter Denkmalschutz stehenden Hauses Peterstraße 20. Seinerzeit gründete sich die Bürgerinitiative „Denk mal an Kempen“, die sich für den Erhalt des Denkmals stark machte und am Ende – gemeinsam mit dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) – erreichte, dass zumindest die Fassade des Hauses erhalten blieb und in den Neubau integriert wurde.

Seither wird bei Bauvorhaben im Denkmalbereich Altstadt kritischer hingeschaut, nicht nur von der LVR-Denkmalbehörde. Nicht selten gehen die Meinungen über den Denkmalwert eines Hauses in der Altstadt auseinander. Nach den Erfahrungen mit dem Denkmal an der Peterstraße hatte die Stadt seinerzeit gemeinsam mit der Politik für das neue Wohnhaus an der westlichen Ellenstraße/Ecke Hessenwall ein aufwendiges Workshop-Verfahren unter Moderation des Experten Prof. Kunibert Wachten angestoßen. An dessen Ende erklärte sich der private Investor zu Eingeständnissen bereit, die die Höhe und Gestaltung des Wohnblocks betrafen.

Als ein anderer privater Investor dann den Bauantrag für Abriss und Neubau des unmittelbar benachbarten Hauses Ellenstraße 15 einreichte, entflammte die Diskussion aufs Neue. Es ging dabei weniger um den Denkmalwert des bestehenden Wohn- und Geschäftshauses. Der wurde allgemein als nicht besonders hoch bewertet. Es ging vielmehr um die geplante Dreigeschossigkeit des Neubaus.

Das Rheinische Denkmalamt kritisierte die Bauhöhe, ebenso die Politik beim ersten Aufschlag des Themas im Denkmalausschuss Mitte Mai. Die Denkmalinitiative kritisierte dies ebenso, bemängelte in diesem Zusammenhang aber auch, dass an der westlichen Ellenstraße plötzlich mit zweierlei Maß gemessen werden sollte. An der Ecke Ellenstraße/Hessenwall hatte man den Investor dazu bewegt, auf die ursprünglich geplante ausgeprägte Dreigeschossigkeit zu verzichten. An der Ellenstraße 15 sei die Sachlage keinesfalls anders, argumentierte die Denkmalinitiative.

Ein Kompromiss wurde entwickelt, der dem Wunsch des Investors entgegenkommt. Sein Architekt ändert die Dachgestaltung ab. Und gleich nebenan droht mit einer möglichen Neubebauung der Von-Broich-Passage ebenfalls Ungemach. Auch wenn es wohl noch keine konkreten Pläne gibt, ist längst bekannt, dass auch dieser Komplex in absehbarer Zeit einem Neubau weichen soll. Und auch hier wird der Investor sicherlich die Möglichkeiten des geltenden Bebauungsplans ausschöpfen wollen. Ein dreigeschossige Bebauung kann die Stadt angesichts des geltenden Baurechts an der Ellenstraße nicht verbieten. Was bleibt: Die Bebauungspläne, die größtenteils aus der Zeit der Altstadtsanierung in den 1960er- und 1970er-Jahren stammen, müssen auf den Prüfstand gestellt und gegebenenfalls geändert werden. Die Denkmalbereichssatzung für die Altstadt bliebe davon wohl unberührt.

Mit Blick auf das nun beschlossene städtebauliche Entwicklungskonzept für die Kempener Altstadt steht eine Mammutaufgabe für Stadtverwaltung und Politik bevor. „Es soll die Entwicklungsziele im Hinblick auf verschiedene Funktionen der Stadtmitte (insbesondere Wohnen, Verwaltung, Einzelhandel und Gastronomie), auf die Gestaltung der öffentlichen Räume sowie die Bewahrung und Fortentwicklung des Gebäudebestandes festlegen“, heißt es in dem Beschluss, den der Stadtrat in seiner Sitzung am 18. Dezember abschließend treffen soll. Der Handlungsauftrag lautet ferner: „Auf der Basis einer Stadtbild-Analyse sind Leitlinien zur Stadtgestaltung und Denkmalpflege zu erarbeiten.“ Und ganz wichtig: Die Entwicklungsziele müssen mit dem bestehenden Planungs- und Denkmalrecht abgeglichen werden. Dass für dieses Projekt ein externes Fachbüro mit ins Boot genommen werden soll, versteht sich von selbst. Die Kosten sind völlig ungewiss, da die zu leistenden Aufgaben aus Sicht der Stadt noch nicht konkret zu benennen sind. Ob es Fördermittel für dieses Vorhaben geben könnte, muss ausgelotet werden. Fest steht indes jetzt schon: Die Erarbeitung des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes wird einige Jahre dauern. Die Politik ist bereit, dieses Projekt zu starten. Denn ähnlich gelagerte Fälle, bei denen Baurecht contra Denkmalschutz steht wie die Bebauung an der Ellenstraße, wird es künftig in der Altstadt sicherlich häufiger geben. Da brauchen Investoren Klarheit sowie Stadtverwaltung und Politik Rechtssicherheit.

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