Leichtathletik Athletin mit eisernem Willen

Hilden · Manuela Reinhardt hat ein hartes Jahr hinter sich. Nach einer Verletzungspause kämpft die Triathletin der Hildener AT auf Hawaii gegen Trainingsrückstand, Krämpfe und den eigenen Körper.

 Strampelt sich ab: Manuela Reinhardt beim Spinning.

Strampelt sich ab: Manuela Reinhardt beim Spinning.

Foto: Olaf Staschik

Rockige Rhythmen dröhnen aus dem Spinningraum des HAT Fit, wenn Manuela Reinhardt dort das Tempo vorgibt. Die Triathleten des Vereins strampeln sich in den Wintermonaten einmal in der Woche mit ihr ab. Damit niemand aus dem Tritt kommt, bringt die Vorturnerin aus ihrem umfangreichen Repertoire eine Taktvorgabe mit. "Das geht von ACDC bis Frank Zappa und bringt uns auf Touren", sagt die durchtrainierte Athletin und lacht. Sie wirkt entspannt, doch beim Training ist sie eisern.

Bis zu sechs Stunden sitzt sie in der Wettkampfvorbereitung im Fahrradsattel, läuft und schwimmt häufig in zwei Einheiten am Tag. Dreimal war die Hildenerin bereits beim Ironman auf Hawaii und 2009 beim härtesten Triathlon-Rennen der Welt Zweite ihrer Altersklassen W 45. "Da hatte ich jedoch keinen perfekten Tag und bin 88 Sekunden am Sieg vorbeigelaufen." Bei einer Zeit von zehn Stunden und 58 Minuten nur ein Wimpernschlag.

Manuela Reinhardt ist sich sicher, diese Leistung noch überbieten zu können, doch im vergangenen Jahr lief alles anders als geplant. Statt im Frühjahr durchzustarten und den Körper auf die Strapazen in den Lavafeldern auf Hawaii vorzubereiten, zwang eine Verletzung die ehrgeizige Sportlerin, kürzerzutreten. Die Reizung der Achillessehnen zog sie sich bei der Qualifikation für die Weltmeisterschaften zu. "Das fing in Florida bei Kilometer 30 des Marathons an und hielt sich hartnäckig. Danach habe ich pausiert und dachte, nach zwei Wochen sind die Probleme vergessen. Doch die Schmerzen haben mich fünf Monate begleitet."

Für Manuela Reinhardt eine quälend lange Zeit, die sie mit Krafttraining und Schwimmeinheiten zu überbrücken versuchte. "Doch mir fehlte die Kreislaufbelastung der Ausdauerleistung und ich habe mich schlapp gefühlt, war unzufrieden und unausgeglichen." Erst nach Monaten begann sie, den Fuß wieder dosiert zu belasten. "Langsam habe ich das Pensum gesteigert und getestet, wieweit ich gehen kann, ohne dass die Sehne wieder anschwillt." Sie ermüdete schnell, haderte häufig mit ihrem Körper und kämpfte sich Schritt für Schritt vorwärts. Das Ziel hatte sie stets vor Augen: Hawaii. "Das wollte ich unbedingt schaffen."

Im Trainingslager auf Mallorca spürte sie erstmals Fortschritte, auch wenn sie mit der stärksten Radgruppe nicht mithalten konnte. "Radfahren ist meine liebste Disziplin. Früher war es das Schwimmen, das ich als Jugendliche intensiv betrieben habe. Doch für das Radfahren scheine ich Talent zu haben und es macht Spaß."

Wenn sie topfit ist, absolviert Manuela Reinhardt die Kilometer im Sattel wie im Rausch. "Nach dem Schwimmen bin ich meistens vorne mit dabei, fahre anschließend mit dem Rad an die Spitze und muss dann hoffen, dass der Vorsprung hält", berichtet die 49-Jährige. Das erlebte sie zuletzt 2010 in Florida, als sie mühelos durch das Wasser glitt, die Radstrecke absolvierte, ohne einen Hauch von Erschöpfung zu spüren und anschließend den schnellsten Marathon ihres Lebens lief. "Als ich die Zeit gesehen habe, konnte ich es selbst kaum glauben. Es war ein perfekter Tag."

Bei ihrem ersten Wettkampf 2011 im Juli lief es allerdings wenig rund. Es war kühl und regnete in Strömen. "Da haben meine Muskeln nicht so richtig mitgemacht." Die olympische Distanz ist für die Langstreckenspezialistin eine harte Trainingseinheit. "In kurzen Rennen übe ich Tempohärte, denn nur auf einer gesperrten Strecke kann ich richtig Gas geben." Alles diente der Vorbereitung auf Hawaii.

Die Weltmeisterschaften sind nicht nur aufgrund der Distanz eine Herausforderung. "In den Lavafeldern ist jeder mit sich allein. Es gibt keine Ablenkung. Dazu kommen die Hitze, die hohe Luftfeuchtigkeit und der unberechenbare Wind", berichtet Manuela Reinhardt. In den Stunden der Einsamkeit und der körperlichen Erschöpfung hilft ihr nur der eiserne Wille, das Ziel zu erreichen. Um nicht auf der Strecke zu bleiben, musste sie diesmal alles langsamer angehen. Besonders im Marathon machte sich der Trainingsrückstand bemerkbar. Häufig plagten sie Krämpfe und sie musste gehen statt zu laufen und ihren Körper mit Flüssigkeit herunterkühlen. "Ich hatte das Gefühl zu überhitzen. Die Substanz reichte nicht."

Unterwegs liefen Sportler an ihr vorbei, die sie sonst locker hinter sich lässt. Erst auf der langen Zielgeraden war sie sich sicher, dass sie die Qualen besiegen wird und den Kampf mit dem eigenen Körper gewonnen hat. "Die unglaubliche Stimmung dort entschädigt für alles. Wenn Energie spürbar ist, dann auf Hawaii. Es macht süchtig und jeder, der einmal dort war, möchte wieder hin", erzählt die Hildenerin.

Nach dem sportlichen Höhepunkt wollte sie die Saison eigentlich ausklingen lassen. Doch auf einer Party erfuhr sie von einem 70.3 Ironman auf Phuket, der zugleich als Qualifikation für das Rennen auf Hawaii 2013 gilt. Spontan meldete sie sich an. In Thailand verpasste sie zwar die Starberechtigung für Hawaii, qualifizierte sich jedoch für die Weltmeisterschaften über die halbe Distanz in Las Vegas. Damit ist das Ziel für 2012 bereits gesteckt. Manuela Reinhardt konzentriert sich vorerst ganz auf die halbe Distanz und macht deshalb im Spinningraum noch mehr Tempo.

(domi)
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