Hilden Rund 1500 Kinder sind arm

Hilden · Im Bund gilt jedes siebte Kind als arm, in Hilden wächst jedes fünfte Kind in ärmlichen Verhältnissen auf und in Haan beziehen gut 500 unter 15-jährige staatliche Transferleistungen, weil ihre Eltern Unterstützung brauchen.

In Hilden macht sich die Politik seit einigen Jahren Gedanken über arme Kinder. Im Jahr 2010 hat die Stadt beim Bochumer Familienforschungsinstitut "Faktor Familie" eine Studie in Auftrag gegeben. Deshalb weiß sie jetzt, dass jedes fünfte Kind betroffen ist. Absolute Zahlen dazu liefert jetzt das Jobcenter: Knapp 950 Kinder erhalten jeden Monat Transferleistungen. Tendenz: leicht steigend.

In Haan wurden bisher keine Studien in Auftrag gegeben und seien auch nicht geplant. Udo Thal, der Leiter des Jugendamts, kennt keine Zahlen und verweist ans Jobcenter. Dort sind rund 500 arme Kinder bekannt. Tendenz: seit Monaten nahezu gleichbleibend.

Helfen, ohne zu stigmatisieren

Ob Haan oder Hilden — die Ursachen für Armut sind überall gleich. Dr. Ute Belz vom Hildener Jugendamt nennt drei Gruppen, die besonders von Armut bedroht sind: "Es sind die Kinder von Alleinerziehenden, Kinder mit Migrationshintergrund und Kinder aus kinderreichen Familien."

In Hilden sind die armen Kinder laut Studie über das ganze Stadtgebiet verteilt. Seit gut einem Jahr versucht die Stadt mit "PRO-TE-KT", dem Pro-Teilhabe-Konzept Hilden, aktiv gegen Kinderarmut vorzugehen. Alle Akteure, die Hilfen anbieten, sollen sich zu einem Netzwerk gegen Kinderarmut zusammentun.

Seit August 2011 unterstützt der Landschaftsverband Rheinland mit dem Förderprogramm "Teilhabe ermöglichen — kommunale Netzwerke gegen Kinderarmut" die Bemühungen der Stadt. Ute Belz erklärt: "Wir beschäftigen mittlerweile drei Mitarbeiter und suchen weitere, vielleicht Ehrenamtliche, die in Schulen oder anderen Orten, wo sie Kinder antreffen, herausfinden sollen, wo denen der Schuh drückt." Hilfsangebote gibt es viele in der Stadt, es ist nur noch nicht bekannt genug bei den Familien, die vielleicht Hilfe benötigen.

Ihr Kollege Ulrich Brakemeier weiß von 800 Hildener Kindern, die mittlerweile Geld aus dem Bildungs- und Teilhabepaket von Bundesarbeitsministerin Ursula van der Leyen erhalten haben: "Gezahlt werden maximal 120 Euro pro Jahr für den Sportverein oder die Musikschule, 35 Nachhilfestunden, falls es in der Schule kriselt, die Kosten für Klassenreisen, Fahrten oder das warme Mittagessen in der Schule." Das sind die Hilfen für Kinder, die bereits arm sind. Das Teilhabe-Konzept der Stadt zielt eher darauf ab, es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, wie Ute Belz erklärt. "Wenn wir von einem Kind hören, dass staatliche Unterstützung bekommt, sollen unsere Mitarbeiter versuchen, auf die Familien zuzugehen und Hilfen zu vermitteln, ohne die Familien zu stigmatisieren."

Das kann bereits vor der Geburt anfangen, mit der "Vermittlung einer Familienhebamme". In Migrantenfamilien hilft vielleicht die frühe Sprachförderung, wieder andere Familien brauchen eventuell eine Schuldnerberatung, berufstätige Alleinerziehende eine Tagesmutter und vieles mehr. Seit gut einem Jahr gibt es die — auf drei Jahre befristete — Unterstützung vom Landschaftsverband. In der Statistik des Jobcenters hat sie sich noch nicht niedergeschlagen. Belz geht nicht davon aus, dass das Problem "Kinderarmut" so schnell in den Griff zu kriegen ist: "Wir müssen erst einmal die Weichen stellen, damit die Kinder die notwendige Unterstützung erhalten."

(RP)
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