Haans Beigeordneten-Affäre Justiz: Es geht auch um Bestechung

Haan · Im Fall der vorläufig suspendierten Haaner Beigeordneten Dagmar Formella hat sich der Vorwurf konkretisiert: Es geht offenbar auch um Korruption beziehungsweise Bestechung.

 THW, Feuerwehr und Rotes Kreuz richten die Sporthalle Gymnasium Adlerstraße als Erstaufnahmelager für Flüchtlinge her.

THW, Feuerwehr und Rotes Kreuz richten die Sporthalle Gymnasium Adlerstraße als Erstaufnahmelager für Flüchtlinge her.

Foto: Helmut Wenzel/THW

Oktober des Jahres 2015:Haan ist die einzige Stadt im Kreis Mettmann, in der es noch keine Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge gibt. Die erste Beigeordnete Dagmar Formella kündigt damals an: „Wir kämpfen mit dem Kreis, denn wir haben keine Unterkünfte. Wir haben keine Räume zur Verfügung.“

Nur so dürfe die Botschaft an Kreis, Bezirksregierung und Land lauten, betonte die Vizechefin der Stadtverwaltung seinerzeit. Denn werde etwa die Sporthalle Adlerstraße belegt, sei das „für die Unitas sportlich der Exitus, und der Schulsport wäre so gut wie unmöglich.“

Über das Thema Flüchtlinge, ihre Unterbringung und einen Sicherheitsdienst gab es im Rathaus zu dieser Zeit Berichten zufolge einige Auseinandersetzungen. Das Klima zwischen einzelnen Akteuren in der Verwaltungsspitze sei „mehr als angespannt“, hieß es.

Irgendetwas muss danach passiert sein. Denn Ereignisse rund um die Flüchtlingskrise der Jahre 2015 und folgende holen Dagmar Formella jetzt wieder ein. Korruption bzw. Bestechlichkeit zählen mit zum Anfangsverdacht der Ermittlungsbehörden, die am vergangenen Freitag das Büro der Stadtkämmerin und Beigeordneten durchforsteten und Akten beschlagnahmten. Dies jedenfalls bestätigte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wuppertal gestern auf Anfrage.

Es handele sich um einen Zeitraum ab dem Jahr 2016, sagte sie. Denn so sehr Formella sich auch mit dem Kreis anlegen wollte – sie konnte nicht verhindern, dass sowohl die Sporthalle Adlerstraße, als auch Räumlichkeiten an der Kaiserstraße sowie das ehemalige Rockwell-Gebäude in Gruiten zu Behausungen für Flüchtlinge umgewandelt wurden.

Überall dort erhielt dasselbe Bergisch-Gladbacher Unternehmen den Zuschlag für die Bereitstellung des Sicherheitsdienstes. Laut Staatsanwaltschaft wird auch gegen einige Mitarbeiter der Firma ermittelt. Ein Anruf bei der Zentrale ergab mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen gestern nur die Antwort: „Wir geben keine Auskünfte.“

Im November2016 hatte eine Delegation Haaner Politiker gemeinsam mit Dagmar Formella Flüchtlingsunterkünfte in der Stadt besichtigt. Dabei erhielten sie unter anderem die Information, dass im ehemaligen Rockwell-Gebäude an der Düsselberger Straße in Gruiten „insgesamt 118 Flüchtlinge aus zwölf Nationen“ wohnten.

Die Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, so hieß es damals, seien in den Unterkünften nicht nur für die Schlichtung von Streitigkeiten zuständig, sondern für die Flüchtlinge auch Ansprechpartner in vielerlei Hinsicht. So unterstützten sie bei Übersetzungen und gäben kleine Hilfestellungen im Alltag, wie etwa bei der Vermittlung von Internet.

Ob und in welcher Form die Beigeordnete Gegenleistungen für die Aufträge den Sicherheitsdienst erhielt, ist Gegenstand des Verfahrens. Die Nachricht, dass es vor allem um persönliche Vorteilsnahme geht und weniger um Vergaberechtsverstöße hat in Fachkreisen gestern übrigens nicht wirklich verwundert. Ein Rechtsanwalt, der bundesweit Vergaberichtlinie Fragen klärt, betonte auf Anfrage: „Wenn wegen Verstößen gegen die Vergaberichtlinien immer gleich die Staatsanwaltschaft ausrücken würde, wäre die gesamte Republik längst lahmgelegt.“

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