Grevenbroich Als am Bongarder Hof ein Starfighter abstürzte

Grevenbroich · Mit einem Spielfilm erinnert RTL am 2. April an die vielen Starfighter-Abstürze. Einer von 262 Crashs ereignete sich im 1971 in Allrath.

 Von dem Starfighter blieben nur wenige Trümmer übrig. Der Rumpf der Maschine wurde vollkommen vernichtet.

Von dem Starfighter blieben nur wenige Trümmer übrig. Der Rumpf der Maschine wurde vollkommen vernichtet.

Foto: Wolfgang Gross

Obwohl mittlerweile fast 44 Jahre vergangen sind, hat Agnes Esser (74) die Ereignisse noch lebhaft vor Augen. "Es war am 30. April 1971, gegen 20 nach Zwölf", schildert die Allratherin. Die damals 30 Jahre alte Frau war mit ihrem Vater in der Küche und bereitete das Mittagessen zu, als sie durch das Fenster ein brennendes Flugzeug in niedriger Höhe bemerkte. "Kurz darauf schlug es in der Nähe des Bongarder Hofs auf das Feld. Es gab einen lauten Knall, dann stieg ein riesiger Feuerball auf", erinnert sich Esser. Ihr war sofort klar: "Das muss ein Starfighter gewesen sein."

 Agnes Esser (74) vor ihrem Küchenfenster. Von dort aus beobachtete sie am Freitag, 30. April 1971, den Absturz eines Starfighters.

Agnes Esser (74) vor ihrem Küchenfenster. Von dort aus beobachtete sie am Freitag, 30. April 1971, den Absturz eines Starfighters.

Foto: Lothar. Berns

Die Vermutung der Allratherin kam nicht von Ungefähr: Weil Elektronik und Triebwerke des Überschalljägers F-104 G extrem anfällig waren, kam es seit den 1960er Jahren zu einer skandalösen Absturzserie. Von ihren 916 Starfightern verlor die Bundeswehr 292, davon stürzten 262 Maschinen ab, 116 Piloten kamen zu Tode. Schon bald erhielt das Flugzeug den Namen "Witwenmacher". Der Sender RTL greift dieses Thema am 2. April mit dem Spielfilm "Starfighter - Sie wollten den Himmel erobern" auf.

In Allrath ereignete sich der 137. Absturz eines Bundeswehr-Starfighters - und er verlief verhältnismäßig glimpflich. Bevor seine Maschine wegen eines Triebwerkausfalls in der Nähe des Bongarder Hofs aufschlug, rettete sich Hauptfeldwebel Stefan Liebold von dem in Nörvenich stationierten Jagdbombergeschwader 31 "Boelcke" mit dem Schleudersitz. Er blieb unverletzt.

Augenzeuge des Absturzes war auch der damalige NGZ-Redakteur Hans Erckens, der an jenem Freitag im April einen Termin bei VAW hatte und gerade eine Werkshalle verließ. "Aus dem Raum Hoeningen-Widdeshoven brausten zwei Starfighter heran, von denen einer über das Werk hinwegflog. Der andere Starfighter flog verhältnismäßig niedrig, so etwa zwischen Barrenstein und Allrath. Die Maschine machte noch mal eine leichte Aufwärtsbewegung, der Pilot stieg mit dem Schleudersitz aus und pendelte an einem roten Fallschirm hängend, die Maschine stürzte rasch mit einem Neigungswinkel von etwa 30 Grad zur Erde. Ein greller Feuerball, eine Rauchwolke waren das Ende, genau 12.21 Uhr", schilderte Erckens in seinem Bericht.

Der Reporter fuhr zur Unglücksstelle, gleichzeitig rasten Feuerwehrautos und Krankenwagen über die Bundesstraße 59. "Von dem Starfighter war nicht viel übrig. Das Steuerwerk lag hochkantig in einem Getreidefeld, der Rumpf der Maschine war vollkommen vernichtet und Einzelteile lagen im Umkreis von einigen hundert Metern umher", notierte Erckens. Kurz darauf wurde die Absturzstelle zum "Militärischen Sperrgebiet" erklärt.

Die Starfighter waren auf einem Routineflug von Nörvenich nach Norddeutschland. Vier Minuten nach dem Start hatte einer der Piloten einen Defekt am Triebwerk seiner Maschine festgestellt und wollte umkehren, doch dann schmierte der Jet ab. Die Nachricht vom Absturz verbreitete sich in Windeseile. "Am nächsten Tag war in Allrath einiges los. Überall waren Neugierige im Ort, die einen Blick auf die Trümmer der Maschine werfen wollten", erinnert sich Agnes Esser: "Doch so nah kam man gar nicht ran."

(NGZ)
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