Mysteriöser Angriff in Goch Maskierter schießt 76-Jährigem ins Knie - Motiv völlig unklar

Goch · In einem Außenbezirk von Goch ist am Samstagabend ein Senior von einem Maskierten angeschossen worden, den er in seinem Garten ertappte. Der Hausbesitzer ist im Krankenhaus, nach dem Täter wird noch gefahndet.

Das Hoftor zum Anwesen des Opfers.

Das Hoftor zum Anwesen des Opfers.

Foto: Stade, Klaus-Dieter (kds)

Es ist eine Situation, die man sich schrecklicher kaum vorstellen kann: Samstagabend, ein vorfrühlingshaft sonniger Tag geht zu Ende, ein älteres Ehepaar genießt ein ruhiges Stündchen auf dem Sofa. Plötzlich ein lauter Knall, Glas splittert, die Terrassentür ist geborsten. Der 76-jährige Hausbesitzer zögert nicht lange, tritt durch die Tür auf seine Terrasse. Er steht einem maskierten Mann gegenüber, der nicht lange fackelt, sondern abdrückt. Ein Schuss ins Knie lässt den Senior zu Boden gehen. All das vor den Augen seiner Frau, die trotz des Schocks sofort die Polizei ruft.

Geschehen ist das am Samstagabend in Goch, an einem Haus im nur dünn besiedelten Außenbezirk, auf einem Gelände, das eigentlich gut gesichert ist. Hinter einer elektrisch gesteuerten Toranlage befindet sich auf einem weitläufigen Gelände eine Villa, in der unten das Ehepaar und oben der erwachsene Sohn mit Familie wohnt. Bis vor einigen Jahren betrieb der Junior hier seine Firma, jetzt ist das großzügige Haus nur noch zum Wohnen da. Ruhige und nette Leute seien das, sagen am nächsten Morgen die Nachbarn, unfassbar, dass hier so etwas passiert sei.

Es war gegen 19.45 Uhr, als der 76-Jährige völlig unvermittelt angegriffen wurde, und trotz massiven Polizeieinsatzes war der Täter am Sonntag noch auf der Flucht. Bis weit in die Nacht beobachteten Zeugen zahlreiche Einsatzfahrzeuge, die an der Bundesstraße Richtung Kalkar und in den Nebenstraßen hin- und herfuhren. Die Feuerwehr hatte Lichtmasten aufgestellt, um die Beamten bei der Spurensuche zu unterstützen – ohne Erfolg. Auch ein Polizeihubschrauber, der in der Nacht über dem „Gocher Berg“ kreiste, brachte kein Fahndungsergebnis. Hinter dem Wohnhaus liegt ein Wäldchen, ein Wanderweg an der Niers zieht Spaziergänger und Jogger an. Es gibt Forellenteiche und einen Campingplatz – ländliche Idylle pur. Ob der Täter zu Fuß oder anders entkommen ist, ist wie vieles in diesem Fall noch unklar.

Nachbarn sind schnell mit einer Erklärung zur Hand: „bestimmt ein Überfall“. Aber das will die Polizei bislang nicht bestätigen. Es wurde nichts gestohlen, die teuren Autos der Bewohner wurden nicht angetastet. Der Fall ist ein Rätsel. „Die Befragungen des Opfers und seines Umfelds laufen. Was wir bisher sagen können, ist, dass wohl keine Tötungsabsicht bestand“, sagt eine Polizeisprecherin. Sie will auch nicht mutmaßen, ob es eventuell einen Zusammenhang mit dem Opfer oder seiner unternehmerischen Tätigkeit gibt. „Jedenfalls hat der Geschädigte den Angreifer offenbar nicht gekannt“, sagt die Sprecherin. Der Mann sei von dem Unbekannten völlig überrumpelt worden. Er habe zuvor auch niemals Anlass gehabt, sich bedroht zu fühlen.

Polizei und Opferschützern zufolge verunsichert es Menschen zutiefst, wenn sie einem Fremden im eigenen Haus oder auf dem gesicherten Grundstück begegnen – selbst, wenn es nicht zu einem körperlichen Angriff kommt. Nachdem der schwer verletzte 76-Jährige ins Krankenhaus gebracht wurde, wurde deshalb ein Opferschützer hinzu gezogen. Nicht nur für die Ehefrau, sondern auch für die übrigen Bewohner, zu denen auch Kinder gehören.

Der Opa abends im vermeintlich sicheren Zuhause auf der eigenen Terrasse angeschossen – „so etwas braucht meist die Begleitung durch Fachleute. Da kommen unsere Opferschützer nicht nur kurz vorbei, sondern betreuen die Betroffenen tagelang oder so lange, wie sie es brauchen“, sagt die Polizeisprecherin.

Während der Befragung des Opfers wurde die Fahndung nicht fortgesetzt, die Polizei hofft auf neue Erkenntnisse, um zielgerichteter suchen zu können. Bis der Gewalttäter gefasst ist, werden die Nachbarn ihre Fenster und Türen gut geschlossen halten. „Gleich am Samstagabend haben wir unsere Whatsapp-Gruppe genutzt, um alle Leute, die in der Nähe wohnen, zu warnen“, erzählt ein Anwohner. Die Betroffenheit sei groß gewesen – an Schüsse in ihrer Nachbarschaft können sich auch die Älteren nicht erinnern.

Am Sonntagvormittag trauten sich bei schönstem Wetter Anlieger und Jogger trotz des ungeklärten Vorfalls wieder ins Freie. Kinder wollten spielen, Hunde mussten Gassi geführt werden, Gänse waren zu füttern, die Wochenendgäste des Campingplatzes wollten nicht ohne einen schönen Spaziergang zurück in ihren städtischen Alltag. Sie alle hoffen, dass bald wieder Ruhe einkehrt auf dem „Gocher Berg“.

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