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Emmerich Verteidiger hält Vier-Stunden-Plädoyer

Emmerich · Im Prozess um den Verbraucher-Werbeschutzbund aus Rees wurden beim Landgericht Kleve am Dienstag die Plädoyers gehalten. Die waren keine Überraschung: Der Staatsanwalt fordert eine lange Haftstrafe, die Verteidigung Freispruch.

 Der Angeklagte Sven L. mit seinem Verteidiger. Die Anwälte fordern für ihren Mandaten Freispruch und erläuterten die Gründe dafür über mehrere Stunden.

Der Angeklagte Sven L. mit seinem Verteidiger. Die Anwälte fordern für ihren Mandaten Freispruch und erläuterten die Gründe dafür über mehrere Stunden.

Foto: van Offern

Es verwunderte nicht wirklich, aber so unversöhnlich, wie sich die Parteien in den langen Wochen des Prozesses gegenübergestanden hatten, waren auch die Standpunkte, als am Dienstag vor dem Landgericht Kleve im Betrugsverfahren um den Verbraucher-Werbeschutzbund die Plädoyers gehalten wurden. Staatsanwalt Schmäring sah die Vorwürfe nach der Beweisaufnahme als erwiesen an und forderte für den Angeklagten eine Freiheit Strafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Komplett anders die Sicht der Dinge, die der Verteidiger des Reeser Kaufmanns Sven L. (40) in seiner Würdigung der Beweisaufnahme offenbarte. Er hielt nach einem Plädoyer, das zumindest zeitlich alle Maße sprengte - irgendwann fragte der Vorsitzende Richter Christian Henckel: "Wie lange dauert das denn noch?" -, nichts anderes als einen Freispruch für angemessen.

Der Angeklagte hatte vor Jahren einen Verein gegründet, der Verbraucher vor unerwünschter Werbung zu schützen versprach. Die Mitglieder dieses Vereins ließ er über Callcenter anwerben, vorzugsweise - wie die Beweisaufnahme zeigte - hochbetagte Menschen jenseits der 70. Für die Staatsanwaltschaft war dies gewerbsmäßiger Betrug in mehreren tausend Fällen.

Im Plädoyer war von einem "perfiden Verhalten" die Rede. Der Verein sei eigens zu dem Zweck gegründet worden, um sich zu bereichern und habe Dinge versprochen, die er nie habe leisten können. Folglich sei die lange Haftstrafe für den Angeklagten angemessen. Schmäring stützte sich im Wesentlichen auf die Aussagen einer ehemaligen Mitarbeiterin, die den Angeklagten schwer belastet hatte.

Nicht ganz unerwartet holte der Verteidiger in seiner Replik weit aus, als er um 11 Uhr das Wort ergriff. Als er vier Stunden und vierzig Minuten später um 15.40 Uhr zu einem Ende gekommen war, rauchte vermutlich nicht nur den unbeteiligten Prozesszuschauern der Kopf.

Im Kern überraschte der Verteidiger mit der Wendung, dass bestimmte Leistungen wie beispielsweise die Beratung durch Fachanwälte von den Mitgliedern des Vereins gar nicht hätten abgerufen werden können, weil diese Leistungen von den Callcentern in den Werbeanrufen nicht entsprechend kommuniziert worden seien. Es habe niemals die Absicht gegeben, die Mitglieder des Vereins zu täuschen.

Der Staatsanwaltschaft warf der Verteidigung vor, nur mangelhafte Ermittlungsarbeit geleistet zu haben - dahinter verbarg sich die Umschreibung der Tatsache, dass angesichts der greisen Mitgliedschaft im Verbraucher-Werbeschutzbund kaum Menschen aufzutreiben waren, die ganz konkret sagten, dass sie sich von diesem Verein über den Tisch gezogen fühlten.

Die Staatsanwaltschaft stellte demgegenüber das System in den Vordergrund, das gar nicht darauf ausgelegt gewesen sei, irgendwelchen Menschen zu helfen. Der Angeklagte habe genau das getan, wovor er die Mitglieder seines Vereins schützen wollte, so Schmäring.

Das Urteil wird am Donnerstag, 23. Mai, um 14 Uhr gesprochen.

(dau)
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