Zuwanderungsdiskussion in Duisburg Verein "Zukunftsstadtteil" kritisiert Politik

Duisburg · In einem offenen Brief fordert der Verein "Zukunftsstadtteil Hochfeld", finanzielle und personelle Mittel zur Verfügung zu stellen, um Probleme mit Armutsmigranten strukturell zu lösen.

 Rund um den Parkplatz an der Wanheimer Straße in Hochfeld wurden Bulgaren und Rumänen auffällig. Berichtet wurde unter anderem von Drogenhandel und Prostitution.

Rund um den Parkplatz an der Wanheimer Straße in Hochfeld wurden Bulgaren und Rumänen auffällig. Berichtet wurde unter anderem von Drogenhandel und Prostitution.

Foto: Archiv

Der Verein "Zukunftsstadtteil Hochfeld" hat einen offenen Brief an Michael Roth (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, und den Landesvorsitzenden der CDU in NRW, Armin Laschet, geschrieben. Darin kritisiert die Initiative die Darstellung Hochfelds durch die Politiker in der Diskussion über Armutsmigration.

"Wir wehren uns seit Jahren dagegen, Begleitprobleme der europäischen Freizügigkeit unter den Hochfelder Teppich kehren zu lassen", heißt es in dem Brief. Man protestiere gegen die Instrumentalisierung des Stadtteils durch die Politik und sehe es nicht ein, dass die Hochfelder herhalten müssten, um Wahlkämpfe zu unterstützen. "Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um zu begreifen, dass die derzeitige Diskussion zwischen Ihnen und Ihren Parteikollegen unser Problem mehr stabilisiert als löst", schreibt die Initiative. Vorschläge wie den des ehemaligen Bundesinnenministers und jetzigen Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Hans-Peter Friedrich, Menschen bei Rechtsverstößen auszuweisen, hält Dr. Michael Willhardt, Vorsitzender des Vereins "Zukunftsstadtteil", für "lächerlich".

 Dr. Michael Willhardt fordert Hilfe von der Politik.

Dr. Michael Willhardt fordert Hilfe von der Politik.

Foto: Archiv

Auf Nachfrage der RP sagte er, dass die durch Migranten aus Rumänien und Bulgarien verursachten Probleme "im Moment verhältnismäßig überschaubar" seien; er befürchtet auch keine neue große Zuzugswelle: "Hochfeld ist voll. Egal, mit wie vielen Leuten man Wohnungen belegt — irgendwann ist die Grenze einfach erreicht", sagte Willhardt.

Auch eine Vergleichbarkeit mit der Situation in Bergheim rund um das Problemhaus In den Peschen kann er nicht erkennen: "Hochfeld verfügt über viel Architektur aus der Gründerzeit. Von vorne sieht das alles nicht so schlimm aus. So etwas wie In den Peschen gibt es hier nicht", so Willhardt. Einige Wohnquartiere seien zwar sehr weit weg vom deutschen Standard, es gebe jedoch "bisher nichts, was hier brennt".

Unter den rund 16 000 Einwohnern in Hochfeld sind nach Schätzung von Dr. Michael Willhardt etwa 2000 Rumänen und Bulgaren. Ihnen müsse man vermitteln, Verantwortung für ihr Umfeld zu übernehmen. Dafür sei es nötig, Kontakt zu den "Anführern" der einzelnen Gruppen, Familien und Clans, die nach Hochfeld kommen, herzustellen — über bestehende Sprachbarrieren hinweg. "Man kriegt schon raus, wer der Chef einer einzelnen Gruppe ist. Auch in den eigenen Reihen spricht dort allerdings niemand eine Fremdsprache. Da wird man Lösungen finden müssen", so Willhardt. Bis jetzt sei noch wenig Fortschritt erzielt worden. Es seien kaum identitätsstiftende Anreize gesetzt worden, so der Vorsitzende der Initiative, der dafür auch die Politik verantwortlich macht: "Wir sind kundige Nachbarn und dazu bereit, Dinge mitzugestalten. Bisher kam allerdings niemand auf uns zu. Keiner hat Interesse daran, das Problem strukturell zu lösen."

Stattdessen herrsche eine reine "Versorgungsmentalität", die darin bestünde, Infrastruktur und passive Angebote bereitzustellen. "Die Angebote sind zu dünn. Da muss mehr Wind gemacht werden, damit sie auch wahrgenommen werden. Man muss die Leute abholen", forderte Willhardt. Genau für diesen Zweck müsse die Politik finanzielle und personelle Mittel bereitstellen, fordert der Verein in seinem offenen Brief. Dies sei viel wichtiger, als sich öffentlichkeitswirksam bei Ortsbesuchen zu präsentieren.

"Ziel ist es, miteinander und nebeneinander zu leben", so Willhardt. Auf die Entstehung einer multikulturellen Gemeinschaft könne man hingegen nicht hoffen. "Leute gruppieren sich immer nach Einkommen und Interessen — auch innerhalb einer homogenen Schicht", betonte der Vereinsvorsitzende, der eine Verschärfung der Probleme im Stadtteil befürchtet, wenn sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert und insbesondere junge Armutsmigranten bemerken, dass sie keine Perspektive haben. "Darin liegt die Gefahr", so Willhardt.

(RP)
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